Totenfest    Heute abend bittet der gefürchtete Joseph das ganze Viertel zum grossen Totenabschlussball.

Eine Gruppe von jungen Männern will die Schwulengesänge der Totengötter anstimmen, um Joseph eins auszuwischen, aber sie werden von Familienvätern und Matronen niedergezischt und geben bald klein bei. Joseph hat eine Rockband engagiert.

Inmitten von Hunderten von Proletariern tanzt Joseph, nach einigen kultischen Verrichtungen, in Unterhose und chinesischem Seidenmantel.

Auch Ernestine, Besitzer einer Schwulen-Bar, Milizsoldat, Tonton Macoute, Vaudoupriester, gibt ein Fest für die Toten. Ich komme zu früh.

Im leeren Hof der Bar, zwischen Wohnbaracken, bereitet Ernestine Reis und Mais und rote Bohnen für die Gue'de. Die Stammkunden kommen, Amerikaner, Franzosen und Ernestines Animiermänner.

Sie fangen an, eine Litanei herunterzuleiern. Wenn es ihnen zu langweilig wird, legen sie Folkloreplatten auf. Ernestine zeichnet mit Kreide und Asche die Zeichen der Totengötter auf den Boden, stellt Rumflaschen, Champagner, Cinzano, Kerzen zurecht. Er holt zwei Macheten und eine Peitsche. Die Nachbarn können den Litaneien und der Tanzmusik nicht widerstehen; Mütter mit Säuglingen, Familienväter drängen sich in das verrufene und gemiedene Lokal, wo sonst gequetschte Ausländer durch Ritzen im Zaun belauscht werden. Die Totengötter sind der Nachbarschaft vertrauter als die Schwulen, und die Familien nähern sich nur, weil sich die einen heute mit den Gesten der anderen umgeben.

Aber wenn einer der ausgespuckten Männer es wagt, ein Mädchen zum Tanzen aufzufordern, entsteht eine Panik und ein ganzer Clan boxt sich zum Ausgang, so, als hätte nicht ein den Totenbaron spielender Mensch das Mädchen angefasst, sondern eine natürliche, jauchige Leiche und der Haufe gurgelt die aus dem Afrikanischen über die Sklaverei hinweggeretteten Ausdrücke für »Schwuler«, und in geisslerischer Zerknirschung fallen die andro-gynen Toten selbst in das beleidigende Gebrüll mit ein.

Wochen später die letzte Feier für einen Guédé. Auf dem Lande bei Leogane. In einer Lehmhütte. Ein Schlafraum mit Vaudoualtar.

Die Priesterin - die Mambo - erscheint als Totengott vor der Familie.

Sie setzt sich auf die Sitzenden, reitet auf den Schössen. Und zwischen ihren Beinen, unter ihrem Rock hängt, unsichtbar aber hart - und sie setzt sich, dass die Gläubigen es fühlen - ein Riesenoymel, der Riesenzozo der Priesterin. Glaubt sie, dass die Gläubigen ihr glauben? Glauben die Gläubigen daran? Sie geniert sich nicht vor uns. Ich frage sie, was das harte Dings zu bedeuten hat. Das war aber ein Fauxpas! Wir müssen schnell gehen.   - (xan)

Fest Tote


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