Totendorf  Am Ufer des Totendorfes sieht die Seele zahlreiche Stege aus dem Wasser herausragen. Nach dem Ankern darf sie auf dem Steg voranschreiten, der ihr bzw. ihrem Leben gemäß ist. Wer kein Blut vergossen hat, darf auf dem goldenen Steg hinüber. Personen, die im Leben gemordet haben, werden von einem bösen Geist in Empfang genommen. Er ermordet nun die Betreffenden; sie haben nachher als Diener zur Verfügung zu stehen.

Eine Befragung darüber findet statt, ob die Seele ausreichende sexuelle Erfahrung bis zur Benutzung der Prostitution nachweisen kann. Wer ein Leben lang keusch geblieben ist, darf nicht weiterreisen.

Diebe wohnen in Häusern ohne Dächer. Sie sind der Witterung ausgesetzt und müssen alle in ihrem Leben gestohlenen Gegenstände mit sich herumschleppen. Gestohlene Angelhaken beispielsweise bleiben bis zum großen Totenfest im Fleisch haften und schmerzen ganz außerordentlich.

Im Dorf der Selbstmörder leiden die Seelen - je nach gewählter Todesart - entweder unter betäubenden Pflanzendüften, z.B. wenn sie sich durch Gift das Leben genommen haben, oder sie müssen bis zur Brust im Wasser stehen bleiben für alle Zeit, falls sie den Tod durch Ertrinken suchten.  - Hans-Jürg Braun, Das Jenseits. Die Vorstellungen der Menschheit über das Leben nach dem Tod. Frankfurt am Main 2000 (it 2516, zuerst 1996)

 

Tote Dorf

 

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