orkeln   Alduccios Vater kam rein. Wie immer, war er auch an diesem Abend besoffen. Er ging auf seine Frau zu und wollte sie verdreschen. Sie aber legte eine Hand auf seine Brust und stieß ihn zurück: er drehte sich einmal um sich selbst und fiel auf einen Stuhl. Aber sofort stand er wieder auf und versuchte verbissen, ihr eine runterzuhauen. Aus dem anderen Zimmer, in dem Riccettos Familie wohnte, kam Riccettos Schwester raus, um nachzusehen, ob sich da was Besorgniserregendes abspielte: sie kam gerade in dem Augenblick, als ihr Onkel zum zweiten Mal auf den Stuhl sank. — »Was hast 'n du hier zu suchen?« giftete die Mutter sie an. »Verschwinde!« — Das Mädchen, einen anderen, noch kleinen Riccetto im Arm haltend, drehte auf dem Absatz um und ging wieder ins Zimmer zurück. »Miststück du altes, du und deine ganze Familie von Geiern und Hungerleichen!« rief die Mutter ihr nach. »Seit vier Jahren sindse hier, aber nich ein einziges Mal sindse auf 'n Gedanken gekomm' zu sagen: hier haste tausend Lire und bezahl de Stromrechnung!« Nach ein paar Minuten Besinnung war der Vater wieder in der Lage, seine Stimme zu gebrauchen, und nach drei, vier Anläufen konnte er sogar etwas sagen, ungefähr wie: »Immer müsse zanken, dieses Mistvieh!« Er stand auf, torkelte vor und zurück und entwickelte mit bloßen Gesten einen ganzen Gedankengang, hob die Hand zwei-, dreimal von der Brust an die Nase, machte dann mit den Fingern eine Art Drehung, um anzudeuten, daß ihm eine ganz besondere Idee durch den Kürbis gefahren wäre. Schließlich lief er, um nicht hinzufallen, ins Zimmer, wo Alduccio sich anzog, und warf sich mit allen Klamotten am Leib rücklings aufs Bett. Vom Wein, den er den ganzen Nachmittag über gesoffen hatte, war er blaß wie ein Leichentuch geworden, und seine bärtige, drei Finger breite Zottelhaut um Nüstern und Mundwinkel herum war davon wie angesengt: dunkel, feucht und runzelig wie bei Hunden. Alles hing runter an ihm: seine auf der Bettdecke ausgestreckten Arme hingen runter, sein halb offener Mund hing runter, seine Backenknochen hingen runter, seine Augenschlitze und seine schweißgebadeten, schwarzglänzenden Haare hingen runter und sahen aus, als hätte er sie mit Brillantine bearbeitet. Die brennende Birne über dem Bett beleuchtete jeden einzelnen kakaobraunen alten Dreckfleck auf seinem Gesicht, der sich mit neuen Staubkrusten und Schweiß unter seiner Stirn vermischt hatte, während sich das Spinnennetz seiner Runzeln ganz von allein auf und ab bewegte auf der von der Weinsauferei gespannten und dämpfig gewordenen Haut, die von wer weiß welcher alten Krankheit seiner zwischen vier lumpenumwickelte Knochen gestopften Drecksleber fahlgelb geworden war. Und da waren auch vereinzelte Schatten, braun in der Mitte und an den Rändern mit einem kleinen Kranz von Punkten; die kamen von Prügeln, die er vielleicht als Junge bezogen hatte oder in seiner Jugend, als er Soldat war oder als Hilfsarbeiter sein Geld verdiente — vor hundert Jahren.  - (rag)
 
 

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