Derart war die Phantasie des kranken Mannes. Immer noch bemühte er sich, den Ton zu analysieren. Volltönend wie ein Donner, weich wie eine goldene Glocke, fein und süß wie der Klang eines straff gespannten Silberfadens — nein; es war weder das eine noch das andere und auch keine Mischung von alldem. Er hatte in seinem Wortschatz keinen Ausdruck, nichts, was dem nahekam, keine Erfahrung, um diese Klangfülle zu beschreiben.
Die Zeit verging. Die Minuten verschmolzen zu Viertelstunden, Viertelstunden
zu halben Stunden, und immer noch hielt der Ton an, ewig seinen anfänglichen
Klangimpuls variierend, ohne je neue Impulse zu erhalten — schwächer werdend,
verhallend und dann ebenso grandios ersterbend, wie er entstanden war. Er ging
über in ein Gemisch aus gequältem Murmeln, Wispern und ungeheurem Geflüster.
Langsam, Seufzer für Seufzer, kehrte er in irgendeinen gewaltigen Schoß zurück,
aus dem er geboren wurde, bis er schließlich schreckliche Laute des
Zorns flüsterte und gleichzeitig verführerische
Laute des Entzückens, immer noch bemüht, gehört zu werden, um ein kosmisches
Geheimnis zu übermitteln, einen Begriff von unerhörtem Wert. - Jack London,
Der Rote. In: J.L., Phantastische Erzählungen. Berlin 1988 (zuerst 1918)
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