Tod, endgültiger    Geneviève stammte aus Madagaskar, und sie hatte ihm von den seltsamen Exhumierungsriten erzählt, die in ihrem Land praktiziert wurden. Eine Woche nach dem Tod grub man die Leiche wieder aus, wickelte die Tücher ab, in die sie gehüllt war, und nahm in ihrer Gegenwart im Esszimmer der Familie eine Mahlzeit ein. Dann begrub man sie wieder. Nach einem Monat und dann nach drei weiteren nahm man jeweils die gleiche Zeremonie vor; er erinnerte sich nicht mehr so genau, aber ihm schien, dass wenigstens sieben aufeinander folgende Exhumierungen stattfanden, die letzte ein Jahr nach dem Tod. Erst dann wurde der Verstorbene als endgültig tot angesehen und der ewigen Ruhe überlassen. Diese Bereitschaft zur Hinnahme des Todes und der physischen Realität des Leichnams stand in krassem Gegensatz zur modernen westlichen Sensibilität, sagte sich Jed und bedauerte flüchtig, dass er Geneviève hatte gehen lassen. Sie war sanft und friedlich gewesen. - Michel Houellebecq, Karte und Gebiet. Köln 2011
 

Tod Endgültigkeit

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