ischsitten  Da Bakunin das traurige Leben eines ewig Versteckten zu führen hatte, lud ich ihn des Abends manchmal zu mir ein; meine Frau setzte ihm zum Abendbrot zierlich geschnittene Wurst und Fleischstückchen vor, welche er, ohne sie nach sächsischer Weise spärlich auf das Brot zu verteilen, sogleich haufenweise verschlang; da ich Minnas Entsetzen hierüber gewahrte, machte ich mich wirklich der Schwäche schuldig, ihn darauf aufmerksam zu machen, wie man bei uns sich dieser Zubereitung bediene, worauf er mir lächelnd beteuerte, er habe ja genug, man solle es ihm nur gönnen, das Vorgesetzte auf seine Weise zu verzehren. In gleicher Weise befremdete mich sein Genuß des Weines in den üblichen kleinen Gläsern; überhaupt war ihm der Wein widerwärtig, welcher das Bedürfnis nach alkoholischer Aufregung in so philisterhaft ausgedehnten und verteilten Dosen zu befriedigen suchte, wogegen ein kräftiger Zug Branntwein mit einemmal und schnell diesen doch immer nur beiläufig zu erzielenden Zweck erreiche. Das Widerwärtigste in allem war ihm das Behagen an der Ausdehnung des Genusses durch berechnete Mäßigung, während einem wahren Menschen doch nur die nötige Stillung des Bedürfnisses hieraus erwachsen dürfe, und der einzige Genuß des Lebens menschenwürdig doch nur in der Liebe bestehen könnte.  - Richard Wagner, in: Unterhaltungen mit Bakunin. Hg. Arthur Lehning. Nördlingen 1987

Tischsitten (2)  Im Boot erkundigte sich Dr. Johnson nach dem Dolch, mit dem, wie er meinte, die Schotten sich bei Tisch das Fleisch zurechtschneiden. Man bedeutete ihm, Messer und Gabel seien hierzulande auch bekannt. Er wollte wissen, wie die Frauen es hierin hielten, und wurde belehrt, manchmal hätten auch diese Messer und Gabel, meistens aber gäben die Männer, nachdem sie das Fleisch zerlegt, Messer und Gabel an die Frauen weiter und behülfen sich mit den Fingern. Macdonalds Erzieher aß den Fisch immer mit den Fingern, weil Messer und Gabel, wie er sagte, dem Geschmack Abbruch täten. Ich gestattete mir die Bemerkung, Johnson halte es damit ebenso. «Allerdings», gab er zu, «es geschieht aber, weil ich kurzsichtig bin und Angst habe vor den Gräten. Das ist auch der Grund, warum ich gewisse Arten von Fisch nicht gerne esse — weil ich dazu die Finger brauchen muß.»  - (johns)

Tischsitten (3)  

Tischsitten (4)

- N. N.

Tischsitten (5)   Im Norden Japans kultivierten die Ainu ihren Umgang mit dem Bären, verehrten und verwöhnten ihn. Bevor sie ihn töteten, entschuldigten sie sich in aller Form und mit Riten; sie legten ihm dar, daß sie auf sein Fleisch angewiesen sind, um nicht zu hungern, und daß sie sein Fell benötigen, um ihre Nacktheit zuzudecken, und die Argumente scheinen überzeugend gewesen zu sein. - (loe2)

Tischsitten (6)  Sie gingen  in den Elfenhügel hinein, wo wahrlich feine Gesellschaft versammelt war, und das in einer Hast, daß man glauben sollte, sie seien zusammengeweht, und für jeden war es niedlich und nett eingerichtet. Die Meerleute saßen in großen Wasserkübeln zu Tisch; sie sagten, es sei gerade, als ob sie zu Hause wären. Alle hielten die Tischsittc ein, außer den beiden kleinen norwegischen Kobolden; die legten die Beine auf den Tisch, aber sie glaubten, daß ihnen alles gut stehe.

»Die Füße vom Napfe!« sagte der alte Kobold, und da gehorchten sie, aber sie taten es nicht sogleich. Ihre Tischdame kitzelten sie mit Tannenzapfen, die sie in der Tasche hatten, und dann zogen sie ihre Stiefel aus, um bequem zu sitzen, und gaben ihr die Stiefel zu halten. - (and)

Tischsitten (7)  Eigentlich, sagt die Nichte mit vollem Mund, wenn du sagst du seist es überdrüssig Sätze zu bilden, glaube ich du machst dir Illusionen, wie du sagst. Du schreibst weiter um so besser, das ist ein Zeichen, daß du nicht alterst, wenn du die Liebe zu den Sätzen pflegst. Ich stelle das an manchem kleinen Detail fest. Und was macht das schon, die Unliebe zu den Menschen, wie Sosie sagt, du liebst ja mich. Ich bin nicht die Menschen.

Und sie fügt hinzu mmm diese Soße, was macht Sosie nur dran?

Oh, antwortet der Onkel, sie hat überhaupt keine Phantasie. Sie wird Thymian dran gemacht haben, ein bißchen Rosmarin, ein Lorbeerblatt, so wie es das zu meiner Zeit als Sträußchen gab.

Das gibt es auch heute noch, sagt die Nichte immer noch mit vollem Mund und soßebeschmierten Fingern, denn sie nagt die Hasenknochen ab.

Und um sich dafür zu entschuldigen fügt sie hinzu du entschuldigst doch? Wir sind unter uns.

Monsieur Traum antwortet nicht, denn er denkt an das was seine Nichte ihm eben gesagt hat und woran er auch schon gedacht hat. Vielleicht behauptet er, daß er der Sätze überdrüssig sei, um zu versuchen, die Liebe zu den Menschen wieder zu beleben, sofern der Aphorismus stimmt! Aber setzt das eine bewußte Rückkehr zu sich selbst voraus um seinen Egoismus zu entlarven, oder ein unbewußtes Bedürfnis, die Menschen neu zu lieben? In diesem Fall wäre alles was er eben über das Sichlösen gesagt hat null und nichtig. Er ist ratlos.

Du entschuldigst also nicht? wiederholt die Nichte. Das tut mir leid.

Und sie leckt sich die Finger ab. - (rp2)

Tischsitten (8)

- Thomas Körner

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