ischabfälle In Versailles haftet dem Handel mit Speisen aus zweiter Hand durchaus nichts Widerliches an. Was von den Tafeln des Königs und der Prinzen abfällt, ist unberührt und heil, und der Bourgeois verzehrt es, ohne dabei zu erröten, denn alles, was vom Tisch der Prinzen stammt, gilt als lecker und bekömmlich. So kommt es, daß sich fast halb Versailles von dem ernährt, was von den königlichen Mahlzeiten übrigbleibt, und so erklärt sich1 s auch, daß die Küche ihrer Majestät große Mengen Fleisch für vulgäre Mägen zurichten und für sie, denen derlei Köstlichkeiten gar nicht zustünden, dauernd Meisterwerke ihrer Kunst vollbringen. Zuweilen wandern ganze Fische von enormer Größe von der Tafel ihrer Hoheit des Grafen von Ar-tois direkt auf diejenige eines Hutmachers und dessen kleiner Familie. Mit Wonne regaliert sie sich daran und ist es so gewohnt, sich an Speisen voller Saft und Würze satt zu essen, daß sie nie auf eigene Rechnung kocht.
Anders als in Paris, wo die Buden der Speisehöker bei Tag wie ausgestorben
sind, blüht dieser Handel in Versailles ganz offen; vor aller Augen, mit dem
Degen an der Seite, besorgt man sich einen Steinbutt oder einen Lachskopf, den
man seiner Seltenheit und Feinheit wegen anderswo um vieles teurer hätte bezahlen
müssen, und rühmt sich gar, beim Höker von Versailles ein und aus zu gehen,
wogegen einem beim Gedanken an die Speisehöker von Paris sofort speiübel würde.
- Louis Sébastien Mercier, Mein Bild von Paris.
Frankfurt am Main 1979 (zuerst ca. 1780)
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