Tier, blindes  Vorgereckt und fest, doch ohne jede Eile kam es voran mit der Gelassenheit von Wesen, die ihrer selbst sicher sind. Die bleichen Augen hatten keinen Bück, doch hielten sie unerbittlich ihr Opfer. Augen, aus deren Gewalt man sich unmöglich lösen konnte: ohne Blick und nicht menschlich. Blinde Augen im Dienste eines unbeugsamen, geheimen Lichts. Langsam und sicher das Tier. Doch wenn es blind war, sah es nicht mit seinen Augen. Wie ihm entfliehen wollen? Das war geradeso, als wolle man einem Löwen entfliehen, nur weil er blind ist, wenn man sich ja von seinem Geruchssinn fortwährend erkannt und entdeckt fühlt. Man muß es also ertragen; ertragen, doch die Qual sei um Gottes willen kurz! Regungslos, aber es soll auch auf uns zukommen, wenn wir schon in seiner Gewalt sind! Nicht doch, da ist noch Zeit genug, die hörnernen, harten Augen anzusehen, mitleidlose Augen; man kann sie ansehen, Rosalba konnte sie ausgiebig ansehen. Entsetzen keines mehr, dafür stille, unheilschwangere Starre. Da haben wir dieses Tier, das sich durchs ganze Haus bewegen und überall eindringen, sich unter das Kopfkissen eines Schlafenden, in die Achselhöhle, zwischen die ... ja, in die Wärme zwischen den  Schenkeln  kauern kann.  In die Wärme, armes Tier, das in den Ausgußlöchern, fett vom Abwasser, in ewiger Feuchte lebt. Zwischen den Schenkeln . . . Schmerz? Nein. Jucken? Schon eher Feuer und heftiges Reißen, als würden durch das Reißen an einem einzigen alle anderen Körpernerven in Mitleidenschaft gezogen.  - Tommaso Landolfi, Der Tod des Königs von Frankreich. Nach (land)
 
 

Tierart Blindheit

 

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