Tiara  Einem der Wahnsinnigen war es gelungen, sich aus verschiedenen aufgelesenen Abfällen eine mit Glasscherben besetzte Tiara zu basteln, und über seine Schulter hatte er Lumpen mit schillernden, aus Flitterbändern gefertigten Stickereien geschlungen. »Ich bin der Kaim-el-seman« (Herr des Jahrhunderts), rief er, »und ich sage euch, die Zeit ist gekommen.«

»Du lügst«, entgegnete ein anderer, »du bist nicht der echte, sondern gehörst dem Geschlecht der Dive an und versuchst, uns zu täuschen.«

»Wer bin ich denn deiner Meinung nach?« fragte der erste.

»Du bist niemand anderer als Tahmurath, der letzte König der aufrührerischen Geister! Entsinnst du dich desjenigen, der dich auf der Insel Serendib besiegte und der anderer war als Adam, das heißt ich? Deine Lanze und dein Schild hängen noch als Trophäen über meinem Grab.«

»Sein Grab!« sagte der andere, indem er in lautes Gelächter ausbrach, »nie hat man seine Stelle finden können. Ich rate ihm, sie zu nennen.«

»Ich habe ein Recht, von Gräbern zu sprechen, schließlich habe ich schon sechsmal unter den Menschen gelebt und bin auch sechsmal gestorben, wie es meine Pflicht war. Mir wurden großartige Gräber gebaut. Das deinige hingegen dürfte schwer zu entdecken sein, da ihr Dive nur in Leichnamen haust.«

Das Hohngelächter, das auf diese Worte folgte, galt dem unglücklichen Kaiser der Dive, der wütend aufsprang, wobei ihm der angebliche Adam mit einer Handbewegung die Krone vom Kopf streifte. Der andere Irre stürzte sich auf ihn, und der Kampf der beiden Feinde hätte sich nach fünftausend Jahren (ihrer Zeitrechnung zufolge) wiederholt, wenn einer der Wächter sie nicht mit Ochsenziemerschlägen getrennt hätte, die er übrigens unparteiisch austeilte.   - Gérard de Nerval, Reise in den Orient. München 1986 (zuerst 1851)

 

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