Theatertraum   Der gouverneur, Rufus und ich saßen hinter den beiden damen. Was mich allein betrifft, so saß ich gerade hinter Irenäa und sah außer ihrem schöngebratenen rücken überhaupt nichts. Die luft um uns war schwer wie in einem seifenbergwerk, und mir wurde angenehm schlafensmüde. Und noch bevor die oper in szene geraten war, schlief ich fest auf meinem bequemen fauteuil und träumte von dem zauberer Vukovic . .

Dieser weltmeister der ars nigra stand in meinem traum auf einer vanillefarben ausgeschlagenen varietébühne, trug jetzt an stelle des kellnerfracks ein schwarzes ruderleiberl und hob hanteln, die aber wie schwere totenbeine aussahen. Neben ihm stand ein tischchen aus verchromtem Stahlrohr, wie sie dem ausgelernten artisten so geläufig sind. Man kann sie auseinandernehmen, zusammenfalten und in die brusttasche stecken und sie daher ohne gepäcksschein umsonst in der eisenbahn transportieren.

Auf diesem tischchen lagen die abgeschnittenen beine Irenäas. Der arme Rufus aber saß in der ersten reihe des tingeltangels und weinte herzzerreißend. Ich wollte mit meinem henrystutzen auf den verdammten Vukovic anlegen, kam aber nicht mehr dazu, den trigger zu pullen, da ich wieder munter wurde und merkte, das meine hand, verträumt wie der schnee der ersten rauhnächte, wenn er sich anschickt, die schutzlosen veilchenwurzeln warm zu behüten, am rechten hüftknochen Irenäas lag . . .   - H. C. Artmann, Der aeronautische Sindtbart oder Seltsame Luftreise von Niedercalifornien nach Crain. Ein fragment von dem Autore selbst aus dem yukatekischen anno 1958 ins teutsche gebracht sowie edirt & annotirt durch Klaus Reichert. München 1975 (dtv 1067, zuerst 1958)

Theater Träume

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