eufel, verliebter  »Kaum hatte ich Sie dort im Gewölbe gesehen, erwachte in mir heftige Neigung zu Ihnen dank Ihrer heldenhaften Haltung beim Anblick der scheußlichen Erscheinung. Wenn ich mich, sagte ich mir, mit einem Sterblichen vereinen soll, um mein Glück zu finden, so will ich in einen Menschenleib eingehen. Jetzt ist es Zeit, dies auszuführen. Da steht der Held, der meiner würdig ist. Mögen darüber auch die verächtlichen Nebenbuhler in Wut geraten, ich bringe sie ihm zum Opfer. Mag ich auch ihrem Groll, ihrer Rachsucht preisgegeben sein, was kümmert es mich ? Liebt mich Alvaro, bin ich mit ihm vereint, so werden sie uns dienen müssen, und die ganze Natur soll uns dienstbar sein. Was sich weiterhin zugetragen hat, haben Sie gesehen; hören Sie nun, was für Folgen das für mich haben muß.

Neid, Eifersucht, Groll und Wut bedrohen mich mit den grausamsten Strafen, denen ein Wesen meiner Art ausgesetzt sein kann, wenn es sich durch seine Liebeswahl herabgewürdigt hat, und Sie allein können mich davor schützen. Kaum ist der Tag angebrochen, und schon sind die Angeber auf dem Weg, um Sie dem Gericht, das Sie ja kennen, als Schwarzkünstler anzuzeigen. In einer Stunde . . .«

»Halt ein!« schrie ich auf und hielt mir die geballten Fäuste vor die Augen. »Du bist der durchtriebenste, geschickteste Erzbetrüger! Du sprichst von Liebe, spielst mir Leidenschaft und Hingabe vor, vergiftest meine Seele mit deinen Trugbildern; ich verbiete dir, weiter so zu sprechen. Laß mich vorerst ruhig werden, wenn ich es noch kann. Ich muß zunächst imstande sein, einen Entschluß zu fassen.

Sollte ich dem Gericht in die Hände fallen, so wird mir die Wahl zwischen ihm und dir für den Augenblick nicht schwer. Hilfst du mir aber, von hier wegzukommen, worauf lasse ich mich dabei ein? Wozu verpflichte ich mich? Kann ich mich von dir trennen, wann immer es mir beliebt? Ich verlange, daß du mir darauf klare Antwort gibst...«

»Wenn Sie sich von mir trennen wollen, genügt ein Akt Ihres Willens, Alvaro. Es tut mir sogar leid, daß meine Hingabe, meine Unterwerfung auf Zwang beruht. Wenn Sie künftig meinen Diensteifer verkennen, so handeln Sie unklug und undankbar . ..«

»Ich glaube gar nichts, außer daß ich von hier fort muß. Ich werde nun meinen Kammerdiener wecken. Er muß mir Geld auftreiben, auf die Post gehen. Ich fahre nach Venedig, zu Bentinelli, dem Bankier meiner Mutter . . .«

»Sie brauchen Geld? Zum Glück habe ich mich damit reichlich versehen. Es steht zu Ihren Diensten . ..«

»Behalte es nur. Wärst du eine Frau und nähme ich es an, so beginge ich damit eine Niederträchtigkeit. ..«

»Ich trage Ihnen ja kein Geschenk an, sondern ein Darlehen. Geben Sie mir eine Anweisung auf Ihren Bankier. Machen Sie eine Aufstellung Ihrer Schulden. Hinterlassen Sie auf Ihrem Schreibtisch eine Order an Ihren Diener, damit er sie bezahlt. Entschuldigen Sie sich brieflich bei Ihrem Kommandanten, schützen Sie eine Angelegenheit vor, die keinen Aufschub dulde und Sie zu sofortiger Abreise zwinge, die Ihnen keine Zeit lasse. Ihren Abschied zu nehmen. Ich eile zur Post und beschaffe Ihnen Wagen und Pferde. Doch zuvor, Alvaro, noch dies: Wenn ich gezwungen bin, dich zu verlassen, verfalle ich wieder in alle meine schrecklichen Ängste. Sprich mir nach: Geist, der sich nur um meinetwillen an einen Leib gebunden bat, für mich allein Mensch geworden ist, ich nehme deine Dienste an und gewähre dir meinen Schutz!  - Jacques Cazotte, Der verliebte Teufel. In: Meistererzählungen des französischen Rokoko. München 1962

 

Teufel Verliebtheit

 

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