Terrorist  In Anlehnung an die Redensart von den Menschen als den »Unglückseligen« sprach er von ihnen als von den »Elendigen«. Und so, wie er dies Wort aussprach, war keine Spur von Mitleid für ihre traurigen, schäbigen Herzen herauszuhören; es schwang darin nichts als das Wissen mit, daß ihre Kleidungsstücke ebenfalls schäbig und jämmerlich waren. Wäre Pilaat aus einer weniger reinlichen Familie gekommen, hätte er sie mit ganzer Kraft sanftmütig bis zum Ende geliebt. Doch allzuviele reine Hemden in der Jugend hatten bewirkt, daß er in seinen Anschauungen und seiner Menschenliebe ebenso verhätschelt wie verstümmelt war. Es verlangte ihn immer noch danach, die Welt zu verbessern, doch er wollte sie verbessern, wie man den Fußboden aufwischt, und nicht, wie man eine Wunde verbindet.

Er brüllte, weil das Herz ihm schwer war. Er begann eine Plage für die zu werden, zu denen er gehörte. Es dauerte nicht lange, und sie nannten ihn den »Terroristen«, und es kam so weit, daß die Leute, wenn er eine Geste des Mitleids machte, die Arme hoben, um sich zu schützen.  - Djuna Barnes, Die Terroristen. In: D.B., Die Nacht in den Wäldern. Short Stories. Berlin 1982 (Quartheft 133)

Terrorist (2)  Auf der Seite des Kamins, in dem Polsterstuhl, in dem zu sitzen sonst das Vorrecht von Frau Verlocs Mutter war, kicherte grimmig Karl Yundt und verzog seinen zahnlosen Mund zu einer schwarzen Grimasse. Der Terrorist, wie er sich selber nannte, war alt und kahl, und nur von seinem Kinn hing schlaff ein schütterer weißer Ziegenbart. Seine erloschenen Augen bewahrten immer noch einen ganz ungewöhnlichen Ausdruck verhaltener Bosheit. Als er sich jetzt erhob und die magere, tastende, von Gicht entstellte Hand ausstreckte, erinnerte er an einen todkranken Mörder, der noch einmal alle Kraft zu einem letzten Stpß sammelt. Er lehnte sich auf einen kräftigen Stock, der unter seiner anderen Hand zitterte.

»Ich habe«, nuschelte er leidenschaftlich, »immer von einer Schar von Männern geträumt, eisern entschlossen, bedenkenlos in der Wahl ihrer Mittel, stark genug, sich selbst rundheraus als Vernichter zu bezeichnen, frei von dem entsagungsvollen Pessimismus, der die Welt vergiftet, ohne Mitleid mit irgendeinem Lebewesen, sie selbst eingeschlossen — der Tod im Dienste der Menschheit —, das hätte ich gerne erlebt.«

Sein kleiner Glatzkopf bebte und versetzte auch das weiße Bärtchen in lächerliche Schwingungen. Seine Auslassungen wären einem Fremden wohl unverständlich gewesen, denn seine erkaltete Glut, die in ihrer impotenten Wut an die Erregung eines senilen Wüstlings gemahnte, wurde nur schlecht von einer trok-kcnen Kehle und einem zahnlosen Gaumen unterstützt, an dem seine Zunge zu kleben schien.

Herr Verloc, der am anderen Ende des Zimmers in der Sofaecke lehnte, ließ zwei lebhaft zustimmende Grunzlaute hören. Der alte Terrorist drehte langsam den Kopf auf dem dürren Hals. »Und niemals habe ich auch nur drei solche Leute zusammenbekommen.«  - Joseph Conrad, Der Geheimagent. Frankfurt am Main 1972  (zuerst 1907)

 

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