Termitenevolution    Ähnlich wie wir Menschen uns aus primitiven Anfängen im Lauf der Evolution »höher« entwickelt haben, so auch die Termiten. Auch bei ihnen ist es zu immer besser an die verschiedenen Umwelten angepaßten Formen gekommen. Die Zoologen unterscheiden sechs Familien, fünf »niedere« und eine »höhere«. Bemerkenswert sind die vielen Spezialisierungen innerhalb der einzelnen Arten. Vor allem die «Soldatenkaste« macht hier mit variantenreichen, wehrhaften Organen von sich reden. Diese Tiere haben die einzige Aufgabe, das Nest gegen etwaige Angreifer zu verteidigen. Die Köpfe der »Soldaten« sind dazu auf teils bizarre Weise derart umgestaltet, daß die Tiere sich allein nicht mehr ernähren können, sondern auf die Hufe anderer Nestinsassen angewiesen sind. Auch zur Fortpflanzung sind sie unfähig. Mit riesigen Kieferzangen oder dolchartigen Auswüchsen am Kopf kneifen sie die Beine angreifender Ameisen ab oder bringen ihnen tödliche Wunden bei. Viele Soldaten verfügen außerdem über chemische Waffen, mit denen sie ihre Opfer lähmen. Diese Kombination ist im Insektenreich absolut einzigartig. Es sind buchstäblich schwerbewaffnete Krieger, die als sterile Männchen oder sterile Weibchen die Kolonie »mit Zähnen und Klauen« unermüdlich bis zum Tod verteidigen.

Gleichwohl bedeutet der einzelne Soldat kaum etwas im Getriebe des Ganzen, er spielt so wenig eine Rolle wie die anderen Termiten als Einzelindividuen in der großen Gemeinschaft. Der amerikanische Chemiker und Entomologe Glenn D. Prestwich drückte das einmal so aus: »Ein toter Soldat stellt für die Kolonie das dar, was tote Oberhautzellen für den Körper bedeuten. Ein Soldat, der sich opfert, erhöht damit die Wahrscheinlichkeit, daß der gemeinsame Genpool der Kolonie an die nächste Generation weitergegeben wird.« Die Termitensoldaten seien wandelnde Kriegsmaschinen, schreibt Prestwich, die in der Wahl ihrer Mittel vor nichts zurückschrecken: »Ihre Taktiken reichen vom Beißen, Schnappen und Verstopfen der Nesteingänge mit dem eigenen Körper über das Bespritzen, Betriefen und Beschmieren des Gegners bis hin zur selbstzerstörerischen Kotausscheidung durch Sprengen des Hinterleibes.«

Mit diesem »Sprengen des Hinterleibes« hat es eine eigenartige Bewandtnis. Es ist eine von vier Verteidigungsarten dieser Tiere, die allerdings mit dem Tode endet. Sie kommt bei der Gattung Anoplotermes vor, in der es keine eigentliche Soldatenkaste gibt. »Statt dessen«, teilt Prestwich mit, »trägt jede Arbeitertermite am Hinterleib einen besonderen ringförmigen Schnürmuskel. Sieht sie sich einem Eindringling gegenüber, dann kontrahiert sie den Muskel, zerreißt damit ihren Hinterleib und überschüttet den Angreifer mit Fäkalien und dem übrigen Inhalt ihrer Eingeweide.«   - Theo Löbsack, Das unheimliche Heer. Insekten erobern die Erde. München 1991 (dtv 11389)

Termiten Evolution

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