empelabort,
japanischer
Ich habe, eher zufällig, weil das Buch unversehens dalag, wieder einmal
Tanizakis »Lob des Schattens« (oder »des Dämmerlichts«) zur Hand genommen
und bin auf der Stelle auf seine Schilderung japanischer Tempelaborte gestoßen,
gepriesen da wegen ihrer Architektur und wegen der Stille dort, wo »der Geist
im wahrsten Sinn des Wortes Ruhe findet«, von Tanizaki noch über die Teehäuser
gestellt. - Peter Handke, Versuch über den Stillen Ort. Frankfurt
am Main 2012
Tempelabort,
japanischer
(2) Keine bloße Zuflucht war das, kein Asyl, kein Ab-Ort.
Es war, in jener Morgenstunde, ein Ort wie nur je einer, wie noch keiner vielleicht,
der Ort »Ort«. Ich wurde, wie sagte man doch einmal, unbändig in ihm, erfüllt
von belebend unbestimmter Energie. Der Ort hat mich begeistert. Ja, an dem Stillen
Ort dort wirkte ein »Geist«, welcher, frei nach Tanizaki, für »Ruhe« sorgte,
zugleich einem Beine machte, einen auf die Sprünge brachte - ein Geist der Unruhe,
der Unbändigkeit, einer daher-gezauberten, der Unverwundbarkeit. Wieder nach
Tanizaki sei es der einzige Nachteil, »falls man unbedingt einen solchen nennen
will«, derartiger Tempelaborte, daß sie gar fern von dem Hauptgebäude stehen,
was »besonders im Winter Erkältungsgefahr in sich birgt«: Aber mir war, auch
eine sibirische Kälte hätte mir dort nichts anhaben können, und wäre das Holzhaus
samt »feiner Maserung« von einem Moment zum ändern in Flammen gestanden, mit
mir mittendrin, ich hätte ohne ein einziges versengtes Haar das Freie erreicht
- süße Illusion? Und ob es zu solchem Geist der Unverwundbarkeit gehört, daß
Tanizaki Jun'ichirö meint, es gebe keinen geeigneteren Ort, »das Zirpen der
Insekten, den Gesang der Vögel, eine Mondnacht, überhaupt die vergängliche Schönheit
der Dinge zu allen vier Jahreszeiten auf sich wirken zu lassen«, und vermutlich
seien die alten Haiku-Dichter an solcherart Stillem Ort »auf zahllose Motive
gestoßen«? - Peter Handke, Versuch über den Stillen Ort. Frankfurt
am Main 2012
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