empel,
versinkender
In der Stadt wurden Extrablätter verteilt, die von einem neuen Unglück berichteten:
der große Tempel war in dem See verschwunden, Mönche hatten die Botschaft gebracht.
Man vermutete, daß die Grundfesten längst unterwaschen waren und der weiche
Sandboden nun nachgegeben hatte. Einige Priester waren beim Singen ihrer Hymnen
ertrunken. Sie müssen vom Tode völlig überrascht worden sein, denn ihre Posaunen
ertönten noch, als der Bau schon zur Hälfte im Wasser lag. Es war sehr schnell
vor sich gegangen, die schweren Marmorwände versanken, ohne einzustürzen. Die
mit dem Leben davongekommenen heiligen Brüder waren erst durch das Gurgeln des
die bunten Scheiben eindrückenden Wassers auf die Gefahr aufmerksam geworden.
Infolge ihres Fettes leicht, konnten sie sich durch Schwimmen retten. Das noch
immer brennende Licht erleuchtete tief unter Wasser die Tempelfenster, so daß
sie glühten wie Augen von sagenhaften Secungeheuern. Langsam erlosch dann eines
nach dem ändern; nur noch die silbernen und goldenen Kuppeln schimmerten und
strahlten, bis endlich auch sie von den eindringenden Wogen verschlungen wurden.
Die Leiche des ehrwürdigen Oberpriesters spülten die Wellen ans Land, alles
übrige fand im Traumsee sein Grab. - Alfred Kubin, Die Andere Seite. München 1975 (zuerst 1909)
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