axifahrerin Die alte Lady wartete noch auf Freddy, als er aus dem Hotel kam. Sie rauchte eine aromatische Tijuana Small, und das Taxameter tickte.
«Stellen Sie die Uhr jetzt ab«, sagte Freddy, als er auf dem Rücksitz Platz genommen hatte. «Sie erinnert mich nur daran, wie die Zeit vergeht. Ich gebe Ihnen noch einmal einen Hunderter, und dafür machen Sie mit mir die große Touristenrundfahrt durch Miami Beach. Und wenn wir in Bai Harbour sind, dann können Sie mich bei einem Grundstücksmakler absetzen.»
«Ich wüßte nicht, was ich Besseres zu tun hatte», erklärte die alte Lady.
Als Freddy ihr das Geld reichte, hob sie ihr Mercury Morris-T-Sbirt
mit der Nummer 22 auf dem Rücken hoch und stopfte sich den Schein in den BH.
- Charles Willeford, Miami Blues. Reinbek
bei Hamburg
1994
Taxifahrerin (2) Anselm setzte sich
hinter die Taxifahrerin. Raffiniert, eine Frau zu schicken. Ihr kriechen denn
auch folgerichtig schon bald zwei Kröten aus dem schartigen Mund. Anselm wartet
auf eine winselnde Rauchfahne. Aber diese Art Frau rülpst bloß. Draußen trägt
eine Möve einen Schafsdarm vorbei, aus dem es noch tropft. In der Ladentür des
Friseurs in Kreßbronn stehen zwei ruppige Mädchen und bohren ihrem kahlen Chef
in der Nase. Sie spießen ihn auf. Er hängt mit seinen zwei Nasenlöchern auf
ihren zwei starken Zeigefingern und zappelt und schreit. Die Münder der Mädchen
kotzen rotviolett. Weiterweiter, ins Seehaus Blomich, wer hat denn was von Bahnhof
gesagt! Wieso jaulen die Kirchenglocken immer noch? Oder sind das Kater? Ein
geistlicher Herr kratzt sich da. Das eitrige Kindergartenfräulein singt O -
Haupt - voll - Blut - und - Wunden. Stumm wie zum Tod verurteilte Staatsanwälte
folgen die Kinder. Ein Polizist nagelt seine weiße Hand auf den Asphalt. Ins
Seehaus Blomich, schreit der Fahrgast. Hören Sie! Offenbar ist sie sehr rasch
neunundfünfzig Jahre alt geworden. Vielleicht auf Befehl ihres Mannes. Eigentlich
hätte sie bei den Pionieren dienen sollen. Was sie im Auto berührt, schreit
auf. Die Kröten verlassen das Maul meiner Fahrerin zum ersten Mal ganz. Nehmen
auf der runden Chiffonschulter Platz. Wir biegen ein. Aus den Kastanienbäumen
schlagen Flammen. Die Dalmatiner, ungewöhnlich groß geworden, pissen die Allee
zusammen wie nichts. Es schimmeln die Linden. Die Amseln tragen schmutzige Notverbände.
Halt. Halt. Wohin denn noch? Die Kröten beobachten interessiert, wie wir durch
die ersaufende Allee spritzen. Erst am Ufer unter den Silberpappeln bremst sie.
Kommt auf den Rücksitz. Setzt ihre Kröten an. Orli, wenn Du nichts mehr hörst
von mir, hat mich die Fahrerin unter 48 schimmelnden Linden und 2 faulenden
Pappeln verscharrt. Da, wo die 2 unzertrennlichen Kröten kauern, da liege ich.
- Martin Walser, Das Einhorn. Frankfurt am Main
1966
|
||
|
||