auwetter   Des Reitens müde, stieg ich endlich ab und band mein Pferd an eine Art von spitzem Baumstaken, der über dem Schnee hervorragte. Zur Sicherheit nahm ich meine Pistolen unter den Arm, legte mich nicht weit davon in den Schnee nieder und tat ein so gesundes Schläfchen, daß mir die Augen nicht eher wieder aufgingen, als bis es heller lichter Tag war. Wie groß war aber mein Erstaunen, als ich fand, daß ich mitten in einem Dorfe auf dem Kirchhofe lag! Mein Pferd war anfänglich nirgends zu sehen; doch hörte ich's bald darauf irgendwo über mir wiehern.

Als ich nun emporsah, so wurde ich gewahr, daß es an den Wetterhahn des Kirchturms gebunden war und von da herunterhing. Nun wußte ich sogleich, wie ich dran war. Das Dorf war nämlich die Nacht über ganz zugeschneit gewesen; das Wetter hatte sich auf einmal umgesetzt; ich war im Schlafe nach und nach, so wie der Schnee zusammengeschmolzen war, ganz sanft heräbgesunken; und was ich in der Dunkelheit für den Stummel eines Bäumchens, der über dem Schnee hervorragte, gehalten und daran mein Pferd gebunden hatte, das war das Kreuz oder der Wetterhahn des Kirchturmes gewesen.

Ohne mich nun lange zu bedenken, nahm ich eine von meinen Pistolen, schoß nach dem Halfter, kam glücklich auf die Art wieder an mein Pferd und verfolgte meine Reise.   - Gottfried August Bürger, Wunderbare Reisen zu Wasser und zu Lande, Feldzüge und lustige Abenteuer des Freiherrn von Münchhausen. In: Erwin Wackermann (Hg.), Münchhausens wunderbare Reisen. Die phantastischen Geschichten des Lügenbarons und seiner Nachfolger. München 1968 (dtv 527, zuerst 1833)

Tauwetter (2)  Im Jahre 1799 bemerkte ein fischender Tunguse an der Küste des Eismeers, nahe der Mündung der Lena, mitten zwischen Eisschollen, einen unförmlichen Block, den er nicht genauer erkennen konnte. Im folgenden Jahre sah er die Masse etwas freier liegen, und gegen Ende des Sommers war eine ganze Seite eines Thiers, mit einem Stoßzahne ganz deutlich aus dem Eis hervorgetreten. Erst nach dem 5ten Jahre, ward die Masse an die Küste auf eine Sandbank geworfen. Der Fischer nahm dem Thiere die Stoßzähne ab, und verkaufte sie. Erst 2 Jahre später, also 7 Jahre nach der Entdeckung, wurde der Engländer Adams, welcher den Grafen Golofkin auf einer Reise nach China begleitete, in Jakutzk davon unterrichtet, und begab sich an Ort und Stelle. Er fand das Thier schon sehr verstümmelt. Die Jakuten in der Nachbarschaft, hatten das Fleisch in Stücke geschnitten, um ihre Hunde damit zu füttern. Wilde Thiere hatten auch davon gefressen; indessen fand sich doch das Skelett noch ganz. Ein wohlerhaltenes Ohr zeigte einen Haarbüschel; man konnte den Augapfel noch unterscheiden.  - Alexander von Humboldt, Über das Universum. Die Kosmosvorträge 1827/28 in der Berliner Singakademie. Frankfurt am Main 1993 (it1540)

Tauwetter (3)  Tauwetter treibt Brauxel ein Loch in den Kopf. Dabei tropft es auf die Zinkverkleidung vor seinem Fenster. Da im Verwaltungsgebäude auch fensterlose Räume leer stehen, könnte Brauksel diese Therapie vermeiden; aber Brauchsei bleibt und wünscht sich das Loch in dem Kopf: Zelluloid Zelluloid - wenn schon Puppe, dann mit Löchlein in trockener Zelluloidstirn. Denn Brauxel erlebte schon einmal Tauwetter und wandelte sich unterm Schmelzwasser des abnehmenden Schneemannes; doch zuvor, vor vielen vielen Schneeschmelzen, floß die Weichsel unter einer dicken, von Pferdeschlitten befahrenen Eisdecke. Die Dorfjugend anlie-Sender Fischerdörfer versuchte sich im Eissegeln auf Kurvenschlittschuhen, Schlaifjen genannt. Zwei ließen ein Bettuchsegel, das an Dachlatten genagelt worden war, vom Wind füllen und scharf voran treiben. Jeder Mund dampfte.   - (hundej)
 

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