auglichkeit  Vor zwanzig Jahren kamen, ich glaube in Amsterdam, Drillinge zur Welt; sie waren dumm, wild, unbezähmbar; ein einziges ihrer Organe war seit ihrem zehnten Jahre vollkommen ausgebildet und von ungeheuerlich vollkommener Bildung. Und welches Organ war dies? Erraten Sie es; denn dies will ich just nicht sagen. Nun, diese Drillinge waren ganz und gar nur zu einer Sache tauglich, und es gab keine menschliche Gewalt, die sie von der Erfüllung ihrer Bestimmung hätte abhalten können. Sie starben vorzeitig durch Erschöpfung usw. - Mme d'Epinay, nach (gale)

Tauglichkeit (2)  Die ganze Moral taugt nur etwas in der Mitte, nichts aber an den Gränzen, wo sie selber nicht weiß, wie sie ihr Wort vom andern fremden Wort unterscheiden soll; dieß fremde Wort ist aber auf der einen Seite Muth <Opfer> des Ungewöhnlichen, auf der andern Ängstlichkeit für die Gränzkleinigkeiten. - (idg)

Tauglichkeit (3)  Die einen sagen Dummheiten nach Überlegung, die andern aus Unüberlegtheit; die einen vermeiden sie aus Überlegung, die andern, indem sie sich spontan zu Antworten hinreißen lassen, als ob:

bei den einen das Unbewußte, bei den andern die Überlegung untauglich wäre.   - (pval)

Tauglichkeit (3)  Der erste Mann wies ihm die rechte Hand vor, aus der starr ein verdorrter Mittelfinger hochragte. Bu.snagoz sagte blitzschnell:

»Haben Sie das bei der Musterung reklamiert? Gut. Möchten Sie ihn abgeschnitten haben? Na dann behalten Sie ihn und tun Ihren Dienst.«

Der Zweite:

»Herr Oberstabsarzt, ich bin's, Boudaire, Sie wissen schon, ich hab ein Bein sieben Zentimeter kürzer als das andere...«

»Ich weiß«, sagte Busnagoz. »Willst du mir jetzt jeden Morgen damit auf den Wecker gehen? Gebt ihm ein Brechmittel.«

Mit Sengle war er bezaubernd, aber er sagte halblaut:

»Nun schießen Sie schon los mit ihrem Schauermärchen ... Mein Freund, ich habe hier im Regiment einen Soldaten, der nicht die erforderliche Körpergröße hat, er hat sie nun einmal nicht; dann einen Buckligen, den können Sie sehen, wie er sich als Schlußlicht der Kompanie mit dem Tornister auf dem Buckel abstrampelt; dann diesen Hinkenden, dem ich gezwungenermaßen kein Gehör schenken darf, da ihn die Musterungskommission für tauglich erklärt hat; einen, der auf dem rechten Auge blind ist und dem ich einfach sage, er soll links anlegen; einen Tauben, einen Schwachsinnigen ... und alle miteinander leisten sie ihren Dienst. Wie soll ich Sie denn da freistellen? Ich werde einen Vorwand finden, um einen Tagesurlaubsschein für Sie zu erwirken. Gehen Sie in die Stadt und kommen Sie wieder zu mir - aber nicht gleich! - sondern erst, wenn sie sich wirklich kaputt fühlen...«

Sengle fand sich im Bettler- und Diebsviertel wieder: der Schwachsinnige, der Taubstumme, der Einäugige, der Lahme, der Hinkende, der Bucklige und der Zwerg, Kariatyden unter ihren mit der gesamten Armee gefüllten Tornistern, wanden sie sich unter der Quälerei des Bajonettfechtens im Strafzug. Der Zug Unteroffiziersschüler auf der Gegenseite, noch mißgestalteter als sein Gegenüber, erbrach Nachahmungen von Befehlen und die Reste seiner Intelligenz aus seinen wasserköpfigen Fressen über seine krüppelhaften, mit nichtorthopädischem, ackergaulgeschirrartigem Riemenzeug beschnallten Gliedmaßen.

Sengle war es völlig gleichgültig, ob das Volk in der Armee verreckte und ob die Nachtgespenster, die ihm als Seelen dienstbar waren, aus den Körpern der dämonischen Sklaven in die der Schweine führen; doch wie der greise Barbier inmitten der neun zur Köpfung verurteilten Diebe wollte er weder in die Gehirnamputation noch in die Körperverhäßlichung einbezogen werden.  - Alfred Jarry, Die Tage und die Nächte. Roman eines Deserteurs. Frankfurt am Main 1993 (zuerst 1897)

 

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