Daoistenhölle  Die Wand zu ihrer Rechten war mit Pergamentstreifen behangen, auf denen taoistische Lehrsätze über Sünde und Vergeltung aufgezeichnet waren. Doch überall der linken Wand entlang stand eine Reihe lebensgroßer Statuen, die Qualen darstellend, die in der Taoistenhölle den Seelen der Sünder zugefügt wurden. Hier sah man greuliche Teufel,, wie sie einen sich windenden Mann zersägten, da eine Gruppe grinsender Kobolde, die einen Mann und eine Frau in einem eisernen Kessel lebendig siedeten. Weiter weg schleppten ochsen- und pferdeköpfige Teufel Männer und Frauen an den Haaren vor den Schwarzen Richter der Unterwelt, der als Reliefskulptur dargestellt, aber mit einem Bart aus echtem Haar versehen war. Sämtliche Statuen waren lebensecht gemalt; Tsungs Laterne beschien schieläugige Masken von Dämonen und die qualverzerrten Gesichter ihrer Opfer.

Die drei Männer gingen rasch vorwärts; sie hielten sich dicht an der Wand zu ihrer Rechten, um ja nicht in nähere Berührung mit all diesen Scheußlichkeiten zu kommen. Da wurde des Richters Auge durch ein Weib angezogen, das splitternackt und mit gespreizten Gliedmaßen gegen einen großen Felsenblock gelehnt dalag, während ein riesiger blauer Teufel die Spitze seines Speers gegen ihre Brust richtete. Das lange Haar hing ihr ins Gesicht, Hände und Füße waren abgeschnitten, und ihr weiß gekalkter Körper war mit schweren Ketten beladen, dabei alle Einzelheiten mit obszöner Deutlichkeit zeigend. Die nächste Szene war noch ärger. Zwei Dämonen, gestaltet wie Krieger aus vergangener Zeit, in bluttriefender Rüstung, hackten einen Mann und eine Frau, beide nackt, auf einem großen Richtblock mit ihren Schlachtäxten in Stücke. Vom Mann war nur noch der Rumpf übrig; der mit dem Gesicht über dem Block liegenden Frau wurden gerade die Arme abgeschnitten.

Während er seinen Schritt beschleunigte, sagte Richter Di zornig zu Tao Gan: »Ich werde den Abt anweisen, daß er diese weiblichen Statuen wegschaffen läßt. Alle diese Szenen sind zur Genüge widerwärtig und brauchen nicht durch auf solche Weise dargestellte Weiber noch abstoßender gemacht zu werden. Derart ungeheuerliche Standbilder werden in einer amtlich zugelassenen Kultstätte nicht mehr geduldet.«   - Robert van Gulik, Nächtlicher Spuk im Mönchskloster. Zürich 1990

Hölle Taoist

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