Tante, sogenannte  Bestimmte Lieblingsvorstellungen kehren immer wieder. (Z. B., daß alle Jungens in ihn verliebt seien; daß nicht er hinter Knaben, sondern daß die Knaben alle hinter ihm her seien; daß auch die Frauen (die er im übrigen tief verachtet und gleichsam als Nebenbuhlerinnen empfindet) gern mit ihm „poussieren" möchten.) Obwohl er nicht den mindesten Sinn hat für fremde Rechte und überhaupt keine sozialen (sympathetischen, altruistischen; aus Mitleid fließenden) Gefühle hegt, ist er doch durchaus gesellig. Die beiden tiefsten Gefühle seiner Natur sind das Bedürfnis nach Wollust und das Bedürfnis nach Zärtlichkeit. Und sie sind so an einander gefesselt, wie im Mahabharata der Menschenfresser Hidimba, der Dämon der Blutgier, gebunden ist an seine Schwester Hidimba, die Göttin der zärtlichen Schönheit. Er möchte geliebt, ja er möchte gerne bewundert sein und steckt voll von Beachtungs- und Beeinträchtigungsideen, wobei er mault und schmollt wie ein dummes, störrisches Kind, das sich immer benachteiligt wähnt. — Er liebt weibliche Arbeiten, backt, kocht und stopft Strümpfe, raucht aber dabei schwere Zigarren, Immerhin gehört er zum Typus des „Weibmannes" (der sogenannten Tante). Seine Lieblingsgenüsse sind Bohnenkaffee, starke Zigarren und Harzkäse. Im allgemeinen erscheint er wie ein gar nicht bösartiges, ganz im Augenblick lebendes, völlig eigenbezügliches und durchaus triebhaftes Tier; renommistisch, aber leicht lenkbar.  - Theodor Lessing, Haarmann. Die Geschichte eines Werwolfs. Berlin 1925
 
 

Tante

 

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