ag- und Nachtgleiche Der sonst harte polternde Ton seiner tiefen Stimme hatte dann etwas unbeschreiblich sonores, und von seinem Blick konnte man sich nicht losreißen. Gutmütig und weich übersah er jede kleine Ungeschicklichkeit, und wenn er diesem oder jenem, dem etwas besonders gelungen, die Hand drückte, so war es, als habe er ihn wie durch eine unwiderstehliche Zauberkraft zu seinem Leibeigenen gemacht, denn den augenblicklichen schmerzvollsten Tod hätte er gebieten können, und sein Wort wäre erfüllt worden.
Auf solche Tage folgte aber gewöhnlich ein schrecklicher Sturm,
vor demjedcr sich verbergen oder flüchten mußte. Dann zog er in aller Frühe
seine rote dänische Staatsuniform an lief mit
Riesenschritten, gleichviel war es Sommer oder Winter, in dem großen Garten,
der sich an das Palais der Ritterakademie anschloß, rastlos den ganzen Tag umher.
Man hörte ihn mit schrecklicher Stimme und mit den heftigsten Gestikulationen
dänisch sprechen - er zog den Degen - er schien es mit einem fürchterlichen
Gegner zu tun zu haben - er empfing - er parierte Stöße - endlich war durch
einen wohlberechneten Stoß der Gegner gefallen, und unter den gräßlichsten Flüchen
und Verwünschungen schien er den Leichnam mit den Füßen zu zermalmen. Nun flüchtete
er mit unglaublicher Schnelle durch die Alleen, er erkletterte die höchsten
Bäume und lachte dann höhnisch herab, daß uns, die wir es bis in das Zimmer
hören konnten, das Blut in den Adern erstarrte. Gewöhnlich tobte er auf diese
Art vierundzwanzig Stunden, und man bemerkte, daß er in der Tag- und Nachtgleiche
jedesmal von diesem Paroxismus befallen wurde. Den Tag darauf schien er von
allem, was er unternommen, auch nicht das mindeste zu ahnen, nur war er störrischer,
jähzorniger, härter als je, bis er wieder in jene gutmütige Stimmung geriet.
- E. T. A. Hoffmann, Der Magnetiseur
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