- Ernst Jünger, Annäherungen. Drogen und Rausch. Frankfurt am Main u.a.
1980 (zuerst 1970)
Täubchen (2) Eine Taube, ein Hase und
selbst ein Schimpanse sind nicht imstande, durch einen einzigen Schlag oder
Biß ihresgleichen zu töten. Dazu kommt noch die Fluchtfähigkeit solcher nicht
besonders bewaffneter Wesen, die hinreicht, um selbst den »berufsmäßigen« Raubtieren
zu entkommen, die im Nachjagen, Einfangen und Abschlachten weit tüchtiger sind
als ein noch so stark überlegener Artgenosse. In freier Wildbahn besteht also
für gewöhnlich gar nicht die Möglichkeit, daß ein solches Tier ein gleichartiges
wesentlich beschädigt. So ist auch kein Selektionsdruck wirksam, der Tötungshemmungen
herauszüchtet. Daß solche tatsächlich nicht vorhanden sind, merkt der Tierhalter
zu seinem und seiner Pfleglinge Schaden, wenn er die innerartlichen Kämpfe völlig
»harmloser« Tiere nicht ernst nimmt. Unter den unnatürlichen Bedingungen der
Gefangenschaft, in der ein Besiegter dem Sieger nicht in schneller Flucht entkommen
kann, kommt es immer wieder vor, daß dieser ihn in mühevoller Kleinarbeit langsam
und grausam umbringt. Ich habe in meinem Buch ›Er redete mit dem Vieh, den Vögeln
und den Fischen‹ im Kapitel ›Moral und Waffen‹ geschildert, wie das Sinnbild
alles Friedlichen, das Turteltäubchen, ohne jede Hemmung seinesgleichen zu Tode
schinden kann.
- Konrad Lorenz, Das sogenannte Böse. Zur Naturgeschichte der Aggression. München
1974 (zuerst 1963)
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