abernakel
Es scheint, daß das berühmte
Tabernakel der Juden, die von Moses erbaute Heilige Bundeslade, als ein überaus
kunstreicher Kondensator betrachtet werden kann, wenn man der Beschreibung im
xxv. Kapitel des Buches Exodus glauben darf. Auf Befehl des Herrn aus Setimholz
(das isoliert) verfertigt, auf der Außen- wie Innenflächte mit (leitendem) Blattgold
verkleidet, außerdem noch von einer Goldkrone überragt, die vielleicht dazu
bestimmt war - dank der klassischen Eigenschaft metallener Spitzen -, die selbsttätige
Aufladung des Apparats im atmosphärischen Feld zu bewirken, das in jenen trockenen
Gegenden ein bis zwei Meter über dem Boden offenbar ein paar hundert Volt Spannung
erreichen kann, - ist es nicht erstaunlich, daß sich der Bundeslade, die imstande
war, Frevler mit dem Blitz zu treffen, ohne Gefahr nur Hohepriester wie Moses
und Aron nähern konnten, von denen uns die Schrift an andrer Stelle berichtet,
daß sie Kleider trugen »ganz aus Goldfäden gewirkt und mit Goldketten geschmückt,
die bis auf den Boden herabhingen«. Wie der unermüdliche Kommentator, dem wir
diese Hypothese verdanken, hinzufügt, gestattete ihnen diese einfallsreiche
»Erdung«, den Kondensator ohne Gefahr für Leib und Leben zu entladen. -
Francis Ponge
Tabernakel (2) Warum
nur, fragte er Baldassare sich schon seit den ersten Klosterjahren
und nach und nach mit immer größerer Insistenz - wie eine Krankheit, die sich
im Lauf der Zeit verschlimmert -warum nur wurde er jedesmal, wenn er eine Kirche
betrat und in die Nähe des Heiligen Tabernakels ging, von diesen Hustenanfällen
gepackt, die ihm die Brust erschütterten und ihm Augen und Gedanken verwirrten?
Er hatte gehört, daß die Sinne gewisser Menschen durch den Blütenstaub, der
im Frühling durch die Luft fliegt, verändert würden, und daß andere jedesmal
zu husten begönnen, wenn sie eine Katze berühren, so als ginge von diesen unschuldigen
Tieren irgendein verderbliches Fluidum aus. Aber das Allerheiligste? Welches
Fluidum ging von diesem aus? Und von welchen Schwächen war er, der arme Diakon
geplagt, der fast wie zum Hohn den Namen eines der Heiligen Drei Könige trug?
Kaum entfernte er sich von dem heiligen Ort, verschwand der Husten wie durch
Zauberei und sein Atem wurde regelmäßig. - Luigi Malerba, Die nackten Masken. Berlin 1995
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