System, mittelalterliches   »Wenn man im Mittelalter eine Tochter gehabt hätte, die kein Abitur machen wollte und es im Büro nicht aushielt, die über ihren Bewerbungsbögen so lange heulte, bis sie völlig verschmiert waren und man sie nicht mehr abschicken konnte - na ja, dann hätte man sie mit irgendeinem Ritter auf einem Schimmel verheiratet, der blöde genug gewesen wäre, sie mit sich auf seine Burg zu nehmen. Ein herrliches System!« Vorsichtig pflichtete ich ihr bei; wie fast jeder andere Vorteil, sagte ich, habe auch dieser seinen Preis gehabt.

»Denk an die Mitgift«, erinnerte ich sie. »Der blöde Ritter wäre so blöd wahrscheinlich auch nicht gewesen - er hätte bestimmt nicht vergessen, von Harold ein Drittel seiner Schätze zu verlangen!«

»Wie die Leute von der Steuer«, erwiderte Peggy. »Aber in diesem Falle hätte man schließlich etwas davon gehabt. Und außerdem wäre es freiwillig gewesen. Man brauchte nur auf ihr häßliches, verdrießliches, tränenüberströmtes Gesicht zu sehen und überlegen, was es wohl wert wäre, es loszuwerden ...«

Ich nahm an, Peggy und Pat hätten an diesem Morgen eine ihrer Szenen gehabt. Da ich nichts Verkehrtes sagen wollte, schwieg ich. »Ein herrliches System!« wiederholte Peggy ingrimmig und warf die schmutzigen Koch-Utensilien mit mörderischem Geklapper in das Spülbecken. »So eine Mitgift mag teuer gewesen sein, ja, aber teuer ist alles, was das Leben erträglicher macht. Auch wenn man heutzutage wollte, ginge es nicht. Es gibt niemanden mehr, den man dafür bezahlen kann, daß er einem die achtzehnjährige Tochter abnimmt.«

»Immerhin gibt es noch Hochschulen«, gab ich zögernd zu bedenken.  - Celia Fremlin, Klimax oder Außergewöhnliches Beispiel einer Mutterliebe. Zürich 1981

Mittelalter System

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