Synkretismus  »Bescheidenheit beiseite, es gibt auf der Welt keine vollständigere Religion als die meinige. In ihr wird das Mittagessen, vor allem wenn es auf der Basis von Würzfleisch, getrocknetem Salzfleisch und Quark angerichtet ist, aber auch das Trinken von Wein und das Beschlafen von Frauen in den Dienst der seelischen Erbauung meiner Anhänger und Gefolgsleute gestellt. Sehen Sie nur: das Judentum und das Christentum der Heiligen, Märtyrer und Propheten führen zum Himmel, aber diese Religionen sind streng und ungemütlich wie der Teufel. Der Mohammedanismus dagegen ist eine lustvolle Religion: er erlaubt, daß man seine Feinde umbringt und viele Frauen besitzt und daß man essen und trinken kann, was man will. Zum Ausgleich ist man dann dazu verurteilt, in die Hölle zu fahren. Die katholische Sertão-Religion ist die einzige Religion auf Erden, die hinreichend ›jüdisch und christlich‹ ist, um zum Himmel zu führen, und gleichzeitig hinreichend ›maurisch‹, um uns gleich hier auf Erden die größten Genüsse zu erlauben, die wir auf dieser alten Gotteswelt genießen können. Übrigens dürften Ew. Ehren das schon bemerkt haben, als Sie vor kurzem die Geschichte vom Stein des Reiches hörtet die ich Ihnen vorlas, denn alles, was dort geschah, waren Rituale, die von meinen Ahnen bei ihrem außerordentlichen tragisch-epischen Abenteuer zelebriert wurden. Das getrocknete Salzfleisch, der Quark, der Wein, der Nachtisch mit aus Ceará oder dem Goiabakompott aus Arcoverde, die Frauen - das alles gehört zu den religiösen Ritualen, mit denen wir der Sertão-Gottheit unsere Verehrung erweisen.«

»Sertão-Gottheit? Gibt es denn eine ganz besondere? Wer ist es? Es ist doch nicht Gott, oder etwa doch?«

»Das kommt darauf an, Herr Richter. Wie Sie wissen, sind diese religiösen Dinge schwierig und verwickelt. Das gilt ganz allgemein. Was nun den Sertão-Katholizismus angeht, so ist er noch stärker als der römische von unheilbringenden Dingen bevölkert, die Sie erst allmählich besser begreifen können. Einstweilen genügt es, wenn ich Ihnen sage, daß unsere Sertão-Gottheit derselbe jüdische und katholische Gott ist, wenn er auch eher dem Gott der Wüste gleicht als dem Gott, den uns Pater Renato in der Messe verkündet. Unser Gott ähnelt eher demjenigen, der den Mund der Propheten mit einer glühenden Kohle verbrannte.«   - (stein)

Synkretismus (2)

Synkretismus (3)  Barbara:  - Ich habe den Obeahraum von Gairy gesehen. Ich begleitete einen Gast der neuen Regierung. Für eine wissenschaftliche Notiz: Afroamerikanische Riten des Prirne Ministers von Grenada ist es bereits zu spät. Die Wachsoldaten haben alles durcheinandergeworfen. Zum Teil ist richtig durchsucht worden, mit aufgeschlitzten Kopfkissen etc. Es ist sowieso alles im Fernsehen und in der Presse übertrieben worden. Eines der satanistischen Gewänder ist das eines Maltheserritters, das zweite ist der Thalar eines Professors, das dritte ist das Kultgewand eines Bischofs der Spiritual Baptists. - (pet)

Synkretismus (4)  bedeutet für Haiti: Die Vermischung afrikanischer Religionen mit Katholizismus, Freimaurerei, Spiritismus und möglicherweise einigen religiösen Gebräuchen der fast ausgerotteten indianischen Urbevölkerung.

Viele Götter des Vaudou haben eine Entsprechung unter den katholischen Heiligen.

Welches; sind die wichtigsten? Die man im Vaudou der Grossfamilie des Bauern ebenso findet wie bei den Bewohnern der Elendsviertel um die Hauptstadt und in den üppigen Versammlungsstätten der Kräuterdoktoren en vogue und der politisch einflussreichen, internationalen Vaudoupriester?

Atibon Legba, St. Petrus, auch St. Antonius, wenn nicht sogar Jesus Christus gleichgesetzt (in Brasilien dem Teufeil), sexuell kalt, der Gott der Kreuzwege und Strassen, der Eingänge und des Mittelpfeilers, ein alter Mann, gekrümmt, hinkend, mit einer geflochtenen Tasche, pfeiferauchend. Er vermittelt zwischen den Menschen und den Göttern. Jede Vaudouzeremonie beginnt mit den Gesängen für Legba. Am Eingang eines jeden Heiligtums steht der Baum, der ihm geweiht ist.

Der populärste Gott scheint mir Damballah Ouedo zu sein, St. Patrick. Ich habe in jedem Tempel ein gemauertes Bassin gefunden, wo der unsichtbare Schlangengott seine Wohnung hat. Um die Jahrhundertwende wurden im afroamerikanischen Synkretismus, in Recife und im Norden Haitis, noch lebende Schlangen auf den Altären verehrt.

In Ouidah, in Dahomey, der sozialistischen Republique du Benin, gibt es bis auf den heutigen Tag ein Schlangenheiligtum voller Pythons.

Damballah Ouedo und Aida Ouedo sind zwei Himmelsschlangen und verkörpern den Regenbogen.

Damballah verheiratet sich gelegentlich mit seinen irdischen Dienern. Eine besondere Hochzeitszeremonie wird veranstaltet. Man richtet dem Brautpaar ein Bett in einem kleinen Haus. Dort müssen die geistlichen Braute des Schlangengottes, ob Mann oder Frau, dienstags und donnerstags, an den dem Gott heiligen Tagen, schlafen und dürfen mit keinem Sterblichen sexuelle Kontakte aufnehmen.

Die Göttin Erzulie, die Jungfrau Maria des Synkretismus, eine wenig jungfräuliche Göttin, halt es ebenso; sie wird von ihren menschlichen Gatten an den gleichen Tagen im reinlichen Bett erwartet.

Erzulie ist die Göttin der Schönheit, der Koketterie, der Liebe. Die Prostituierten und die Homosexuellen verehren sie besonders. Reispuder, Parfüms, Champagner werden ihr geopfert. Sie liebt die Verschwendung.

Erzulie ist eine Meergöttin. Sie sucht sich im Pantheon des Vau-dou verschiedene Liebhaber, was, wie bei Aphrodite, zu Reibereien Anlass gibt.

Loko, der Heilige Joseph, ist der Gott der Krauter und Baume -vielleicht selbst nichts andres als ein anbetungswürdiger Baum. Für Agoue Taoyo hängt ein kleines Holzschiff in den Vaudoukapellen. Er ist St. Ulrich und Marineminister.

Damballah, Erzulie, Agoue sind »weisse Götter« - doch bedeutet dieses Weiss wohl weniger die Hautfarbe der ehemaligen Kolonialherren als vielmehr eine göttliche Bleichheit, ein über das rassische hinausgehendes mystisches Attribut. Ogum, St. Georg, Kriegsgott und grosser Politiker, steht in dem Ruf, Hundefleisch und Menschenfleisch zu verzehren. In Afrika sollen ihm noch gelegentlich die Hoden von gefangenen Fremden m geboten werden. Unter dem Namen Ogum, wie unter fast jedem anderen Götternamen, versammelt sich eine ganze Familie von Geistern. Als Ogum Chango hat sich Ogum auf Haiti den afrikanischen Gewittergott einverleibt, als Ogum Yamsa, die afrikanische Göttin des Feuers, Changos Frau.

Zaka, St. Isidor, der Gott der Bauern, Landwirtschaftsminister, geizig, hinkend, rachsüchtig, schickt denen, die ihn nicht entsprechend behandeln, Magenschmerzen und Durchfall. - (xan)

 

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