urren  In der vergangenen Nacht - ebenso wie in der Nacht, in der Talissieu heimgesucht worden war - habe sie seltsame Vibrationen wahrgenommen. Nicht gerade ein Geräusch. Es sei dieselbe Empfindung gewesen, die ein vorüberfliegender Aeroplan oder ein lenkbares Luftschiff oder auch nur eine große Fliege, die sich in zu großer Entfernung befindet, um richtig gehört zu werden, in den verfeinerten Sinnen der Blinden erregte. Aber es war weder das eine noch das andere. Es war ein dumpfes, düsteres Surren, das ihre Nerven, ihren ganzen Körper stärker berührte als ihr Gehör. In beiden Nächten sei sie durch diese absonderliche Erscheinung geweckt und nicht gerade in einen behaglichen Zustand versetzt worden. Das erstemal konnte sie glauben, daß sie die Beute einer Halluzination geworden sei, wie es den eines Sinnes Beraubten zuweilen zustößt; aber heute zweifelte sie nicht mehr an der objektiven Richtigkeit ihrer Empfindung. Und deshalb habe sie beschlossen, davon zu reden.

Da war niemand in Mirastel, der nach einer derartigen Enthüllung nicht in tiefe Gedanken versunken wäre. - Maurice Renard, Die blaue Gefahr. Frankfurt am Main 1989 (st 1596, Phantastische Bibliothek 225, zuerst 1911)

Surren (2) Aber ich sage immer, wenn es zwischen einem Mann und einer Frau einmal so weit ist, dass sich ein gewisses dings entwickelt hat, da kannst du machen, was du willst, es lässt sich nicht wegheucheln. Es wird immer wieder durchkommen. Da kannst du Gespräche und Themen zwischen die beiden schieben, so viel du willst, bei der ersten Gelegenheit ist es wieder da. Das musst du dir vorstellen wie ein ganz leises Surren, das man nicht hört, solange geredet wird, aber kaum wird es still, wieder das Surren.

Du musst wissen, das ganz leise Surren der Sterbe-Apparaturen vom Aschenbrenner ist ihnen wahnsinnig laut vorgekommen, wenn sie nicht geredet haben. Und da darf man ihnen nicht böse sein, dass sie das Surren übertönen wollten. Mit netten Gesprächen, ist ja nichts dabei im Grunde. Manchmal hat der Aschenbrenner ein bisschen aufgeschnauft, vielleicht dass er es doch mitgekriegt hat, wie gut die beiden sich unterhalten haben, ein versuchter Protestschrei, aber eher würde ich sagen, er hat nichts mitgekriegt, sondern rein körperlich, dass man als Schlaganfallpatient hin und wieder ein bisschen aufstöhnt.   - Wolf Haas, Das ewige Leben. Hamburg 2003

 

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