umpftheater Durchdrungen von der Vornehmheit meiner Aufgabe als Mörder, die zusätzliche Grazie gewinnt durch den zeremoniellen Kunstgriff, daß ich kein Dutzendmörder bin, sondern mich zum Töter eines Tyrannen aufgeschwungen habe, d. h. einer Persönlichkeit, die traditionsgemäß jeglichen Haß veredelt - schreite ich mit großen Schritten über die vegetale Bühne, dolchschwingend, giftstreuend, Schlingen zuziehend; jeder meiner Gesten zollt ein beflissener, hilfreicher, abwesender Schatten Beifall, und jedesmal erfreue ich mich daran, beleidigende Gesten auszuführen, falsche, ja gänzlich inexistente Leichen zu diffamieren, meine Opfer zu verunglimpfen, alte weißhaarige Senatoren mit Kot zu bewerfen; und es ist offensichtlich, daß nichts existiert, denn wenn etwas existierte, dann würde man die technische Reinheit meines Hasses bezweifeln, ja bestreiten, und ich würde mit Sicherheit von den schmutzigen Freuden des Sumpftheaters ausgeschlossen werden.
Aber bin am Ende nicht gerade ich der Tyrann, den ich, gerade ich, mir vorgenommen habe zu töten, als Abschluß eines langen, haßerfüllten Lebens? Verkörpere nicht ich die zwei Formen des Hasses, die zwei Formen der Unliebe, wobei mein allgemeiner, abstrakter, didaktischer, gelehrter und vom Gift meines grünen Bluts gespeister Haß mich zum Tyrannen macht, während der spezifische, hingebungsvolle, leidenschaftliche, kleinkrämerische, fachkundige Sammlerhaß mich als Auftragsmörder ausweist? Als Tyrann und Töter des Tyrannen kann ich vielleicht der Enge eines strengen, philologisch anspruchsvollen Monologs entfliehen und meine Rede wenn auch nicht in einen Wechselgesang, so doch in eine Reihe von parallelen Monologen verwandeln; Monologe, in denen man die mühsame aber unzweifelhafte Bruderschaft des Hasses und deshalb auch die falsche und fesselnde Liebesverwicklung erkennen konnte. Und deshalb ist die Rolle, die man mir vorschlägt - und die der Souffleur mir ungeduldig aufzwingt - diese, daß ich der Tyrann bin, die grausame, archaische, sumptuös gekleidete Variante des Monarchen. Dann wäre dies also die äußerste, die abschließende Rolle, die mir auf diesem unsicheren weil nicht verrotteten Boden, dieser Darstellung einer erdhaften Kompaktheit zuteil wird?
Jetzt schreite ich mit langsamen, todverheißenden, beleidigenden, verächtlichen
und brutalen Schritten voran; ich weiß, daß die Nichtse, die mich umgeben, die
verächtlichen, finsteren, unterwürfigen Höflinge sind, deren Seelen in einem
Fläschchen Platz haben und das Fläschchen in einer Tasche; ich weiß, daß sich
unter den Höflingen der Totschläger befindet, mein Ichselbst als Mörder, mit
dem Auftrag, mein Ichselbst als Tyrann zu töten. Und nur die Rücksicht auf mich
und die Rücksicht auf den, von dem die Spiele verlangen, daß er mir unbekannt
sei, obwohl er mir so nah ist wie kein anderer es je sein kann - nur das also
veranlaßt mich, meine Höflinge mit hassenswerter Aufmerksamkeit zu prüfen, wobei
ich von Zeit zu Zeit dekretiere, daß einer von ihnen auf grausame Arten gefoltert
und getötet werde, denn so will es die Etikette des Tyrannen. - Giorgio Manganelli,
Der endgültige Sumpf. Berlin 1993 (zuerst 1991)
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