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Papstpalast in Avignon. Säle wie Brunnen, kaum beleuchtet, grandiose Unbequemlichkeit,
Balken und Steine unverputzt, die Fenster schmal wie in einem Bergfried. Das
Gemach des Papstes gemahnt trotz seiner al fresco gemalten Blätter, Vögel und
Eichhörnchen weniger an einen Ort zum Ausruhen als an einen dunklen und feuchten
Keller des Schweigens, ein eingemauertes in pace. Nichts erinnert in keiner
mir bekannten Burg strenger an die eisige Härte des Lebens im Mittelalter. Ich
erwartete eine beinahe einladende Früh-Renaissance, aufgeschlossen für die bildenden
Künste und bereits neugierig auf das Leben; in Wirklichkeit geht man in der
Zeit zurück: es ist die gepanzerte, zinnenbewehrte, reizlose Suhle eines in
die Enge getriebenen Fürstentums, das von wilden römischen Vendettas, vom französischen
Fiskus, von der Pest und von den Söldnertruppen gejagt wird. Das Papsttum
hat sich selbst in die Festungshaft begeben in diesem lastenden und kalten Gefängnis
aus Stein, das weniger als Spender von Gnaden und Ablässen wirkt und viel eher
als der Schlupfwinkel irgendeines saturnischen Raubvogels.
- (
grac2
)
Suhle (2) Kloster von Simonaspetras, Berg Athos Ein junger Ungar, erschöpft vom Aufstieg zum heiligen Berg, kam und setzte sich auf die Terrasse und blickte auf die stürmische See unter uns. Er war ausgebildeter Epidemiologe, hatte seine Stellung jedoch aufgegeben, um die heiligen Berge der Welt zu besteigen. Er hoffte, daß er den Berg Ararat erklimmen und den Berg Kailas in Tibet umrunden könnte.
»Der Mensch«, sagte er plötzlich und unvermittelt, »war nicht dazu bestimmt, seßhaft zu werden.«
Das hatte er bei seinem Studium der Epidemien gelernt. Die Geschichte der Seuchenkrankheiten wareine Geschichte von Menschen, die sich in ihrem eigenen Dreck suhlten. Auch war er zu dem Schluß gekommen, daß Pandoras Büchse mit den Übeln eine neolithische Urne aus Ton gewesen war.
» Täuschen Sie sich nicht«, sagte er. »Es wird Epidemien geben, neben denen
Atomwaffen sich wie nutzlose Spielzeuge ausnehmen werden.« - (chatw)
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