Stressfolgen   Mein Bild der Außenwelt erlosch, und das entfärbte Glas des Monitors zeigte in mattem Schwarzweiß nichts als die Spieglung meines Schädels.

Ich bin nicht allzu schreckhaft und weiß, daß die Strapazen eines Auftrags am Fleisch meines Gesichtes zehren, aber nie hätte ich gedacht, daß mir jegliche Rundung, alle mildernden Polster, abgeschmolzen werden könnten, daß mir die Haut einmal so glatt und totenmaskenhart über die vorderen Schädelknochen spannen würde. Entsetzt fletschte das Bild vor mir die Zähne, die Lippen rutschten weit übers Gebiß, sogar das Zahnfleisch schien zurückgewichen, und zwischen langhalsigen Hauern torkelte eine dicke Zunge, deren schlammiger Belag eine eigene schlingernde Bewegung zu vollziehen schien. Ich glaubte zu erkennen, daß die mobile Schicht aus aufgeweichter, halbzerkauter Papiermasse bestand. Sogar einzelne Lettern, halbe Wörter konnte ich entziffern, es war, als hätte ich ein Blatt aus einem Buch zerbissen und dann vergessen, es hinabzuschlucken. Vermutlich hätte ich, gebannt von diesem schauderhaften Schlamm, weiter vor meinem Bildschirm ausgeharrt und auf ein Wiederaufflackern des Außenfilms gehofft, wäre nicht langsam Ffärbe in die Schwarzweißspiegelung des Kopfs, der meiner war, gekommen. Die Stoppeln meines Auftragsbartes begannen von den Spitzen her in einem hellen Rot zu glühen. Es half mir nichts zu wissen, daß mir tatsächlich als ein vererbtes Merkmal rötliches Barthaar aus dem Antlitz sprießt.

 Ich war mir ein Gespenst. In Panik sprengte ich die Gurte, wälzte mich über die rechte Mumie, die krachend zerbrach und wie ein Riesenpilz aufstäubte, und auch die linke Leichenpuppe zerbarst unter den Tritten meiner nackten Füße. - Georg Klein, Barbar Rosa. Berlin 2001

Stress Wirkung


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