"Frau Muhme, wo ihr mich so scheltet, so schmeiße ich euch den Seichscherbel
an den Kopf. Ihr mögt mir selbst eine solche sein, wie ihr mich heißet.
Ich bin eine ehrliche Hure und habe meinen großen Bauch nicht aufgegabelt
wie ihr mit dem Corporal. O schweigt still und haltet euer Maul oder ich beichte
aus" -
Aus: Johann
Beer, Der neu ausgefertigte Jungfer=Hobel durch welchen ein und andere Junferliche
Untugenden abgehobelt und sonsten allerley Schnitzer und Frantzen desselbigen
Volckes abgesaubert und auff die Seite geworffen werden
... - Von dem berühmten
Weiber=Hächler Francisco Sambelle. 1681
Streitgespräch (2) Dortmunder Statuten, latein. Text.
Um 1250. Wenn zwei Frauen sich zanken, sich gegenseitig
schlagen oder mit Worten schmähen, was fehlgegriffene Worte genannt wird, so
sollen sie zwei durch eine Kette miteinander verbundene Steine, die beide zusammen
einen Zentner wiegen, durch die ganze Länge der Stadt auf dem Hellwege tragen;
zuerst soll die eine sie von der Osternpforte bis zur Westernpforte tragen und
die andere soll sie mit einem eisernen, an einem Stock befestigten Stachel anstacheln,
und beide sollen in ihren Hemden gehen; dann soll die andere die Steine auf
ihre Schultern nehmen, zur Osternpforte zurücktragen, und die erste Frau umgekehrt
wieder soll sie anstacheln. - Frensdorff, Dortmunder Statuten (1882), S.
34 f. - Aus:
Wilhelm Ebel, Curiosa
iuris germanici.
Göttingen
1968
Streitgespräch (3) Wenn zwei miteinander in einem Raum streiten, so sitzen sechs dort, nämlich die Elternteile diskutieren mit, sagte ein befreundeter Psychologe. Das mochte so sein, aber Gerties Problem lag darin, daß sie sich überhaupt nicht streiten konnte, wenigstens nicht mit ihrem derzeitigen Liebhaber. Es sprach also, auch wenn sie Worte einwarf, immer nur einer.
Dann aber, es mußte eine Gelegenheit sein, warf sie sich mit allen Kräften
auf ihn und nun blieb er stumm, wenn jetzt sie schon einmal zum Sprechen kam,
dann verstummte er und war nicht in der Lage, Antwort zu erteilen oder auch
nur eine Auskunft. Es machte sie rabiat, wenn er schwieg.
Wahrscheinlich führte er Tagebuch. - Alexander Kluge, Die Patriotin. Texte/Bilder 1-6. Frankfurt
am Main 1979
Streitgespräch (4) Um
Mitternacht weckte ihn ein starker Windstoß auf.
Als er die Augen öffnete, war die Lampe auf dem Tisch bereits vom Wind ausgeblasen
worden. Draußen hörte er ein platschendes Geräusch. Plötzlich war es windstill.
Die Tür fing an zu knarren.
Li-peng dachte: Glücklicherweise habe ich die Tür mit dem Steinmenschen verbarrikadiert,
so daß sie nicht aufgestoßen werden kann. Li-peng hatte sich noch nicht erhoben,
als der Steinmensch plötzlich anfing zu sprechen: »Verschwende deine Kräfte
nicht, Du grünes Fischungehcuer da draußen, hier drinnen bin ich. der ältere
Steinbruder, und versperre die Tür!« Das grüne Fischungeheuer draußen vor der
Tür brüllte: »Steinmensch, geh sofort zur Seite und laß mich hinein!« Daraufhin
entgegnete der Steinmensch: »Du, grünes Fischungeheuer, ich werde Dich nicht
hereinlassen, damit Du einen Menschen schädigst!« Das grüne Fischungeheuer wurde
böse und brüllte zornig: »Du glaubst wohl, ich wüßte nicht, was für geringe
Fähigkeiten Du hast! Sobald Dir jemand auf den Rücken klopft, spuckst Du Silber
aus. Sobald jemand an Deine Schultern stößt, strecken sich Deine Arme aus. Zeigt
jemand nach Osten, schlägst Du nach Osten, und zeigt jemand nach Westen, dann
schlägst Du nach Westen. Was sind das schon für unbedeutende Kunststücke!« Der
Steinmensch antwortete ärgerlich: »Du kannst ja nur dreimal Wasser spucken,
und sobald die Sonne untergegangen ist, kannst Du ein wenig Wind machen, das
ist alles. Du hast so unbedeutende Fähigkeiten und glaubst, Du könntest Menschen
schädigen?« Während der Steinmensch noch dabei war, die Fehler und Schwächen
aufzuzählen, unterbrach ihn das grüne Fischungeheuer mit noch lauterer Stimme:
»Du, Steinmensch, der Du nichts kurz und klein schlagen kannst, maßt Dir an,
hierher zu kommen und Dich über anderer Leute Schwächen lustig zu machen?« Der
Steinmensch preßte seine Oberlippe und Unterlippe zusammen, lachte einmal kurz
auf und sagte: »Da Du mich nicht aussprechen lassen willst, werde ich erst recht
weitersprechen. Ich weiß, daß Du im Dorf der Sippe Wang in der großen Bucht
hinter dem Haus des Mädchens Wang Chun-jie lebst. Wang Chun-jie ist krank und
wird erst gesunden, wenn sie Deine Leber als Medizin eingenommen hat.« Als das
grüne Fischungeheuer den Steinmenschen davon sprechen hörte, fing es an zu schimpfen.
- Chinesische Volkserzählungen. Hg. Kuan Yu-chien. Frankfurt
am Main 1981
Streitgespräch (5) zwischen Herrn Montan und seiner Dame
Ich komme zu Euch, mein Herr, mit hochgehobenem Rock,
weil ich habe sagen
hören, daß Ihr »En Montan«,
Herr »Aufsteiger«, heißt,
denn vom Vögeln
konnte ich noch nie genug bekommen
- und ich hatte zwei Jahre lang einen
Kaplan
und seine Schreiber und sein gesamtes Personal;
und ich habe ein
großes, gut gepolstertes Hinterteil und ein Spalte
und größere Möse als jede
andere Frau.
Und ich zu Euch, Herrin, mit heruntergelassener Hose,
mit einem größeren
Schwanz als ein Esel in der Brunft,
und ich werde Euch mit solcher Vehemenz
vögeln,
daß Ihr am nächsten Tag die Laken auswringen werdet,
und dann
werdet Ihr sagen, daß sie eine Wäsche nötig haben;
und ich werde nicht eher
weichen und meine prallen Hoden auch nicht,
bis ich Euch nicht derart gevögelt
habe, daß Ihr ohnmächtig liegenbleibt.
Da Ihr mir so sehr droht, mich zu vögeln,
möchte ich wissen, mein Herr,
was an Eurer Angeberei Wahres ist,
denn ich habe meine Pforte wohl gerüstet,
um
dem Ansturm Eurer prallen Hoden standhalten zu können.
Danach werde ich mich
so aufbäumen,
daß Ihr Euch nicht auf meinem Schamhügel werdet halten können,7
Ihr
Euch vielmehr nach hinten werdet wenden müssen.
Wisset, Herrin, daß mir das alles wohl gefällt;
wenn wir nur bis zum
nächsten Morgen zusammen sind,
werde ich meinen Schwanz in Eure behütete
Pforte stoßen;
dann werdet Ihr sehen, ob ich zuviel versprochen habe,
denn
ich werde Euch dazu bringen, solche Fürze
aus dem Hintern zu blasen, daß
sie Euch wie Trompetenstöße vorkommen werden
- und auf diese Melodie werdet
Ihr ein solches »Tanzlied« verfassen.
- Unbekannter Troubadour und unbekannte Dame, nach: Carolin Fischer, Gärten der Lust. Eine Geschichte
erregender Lektüren. München 2000 (dtv 30768, zuerst 1997)
Streitgespräch (6) Als gegen 1929/1930 der Berliner
Rundfunk ein Streitgespräch Goebbels - Piscator über nationales und internationales
Theater angesetzt hatte, schrieben Arnolt Bronnen für Goebbels und ich
für Piscator den Text. Die Chefs trafen sich des öfteren im Zimmer des Intendanten
zur Vorbereitung der Sendung und zur Überprüfung der Texte und unterhielten
sich auf das freundschaftlichste - zwei echte Streiter, mit Augenzwinkern.
Glücklicherweise wurde die bereits angesetzte Sendung vom Berliner Polizeipräsidenten
verboten - - - wer weiß, was noch geworden wäre. - Franz Jung, Der Weg nach unten. In: Franz Jung, Schriften, Bd. 1,
Salzhausen / Frankfurt am Main 1981
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