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tomk
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Streicheln (2) Kim bemerkt, daß die Tür neben ihrem Versteck nicht ganz geschlossen ist. Sie drückt den Flügel sanft, ohne ihn quietschen zu lassen, gerade so weit auf, daß sie ins Innere gleiten kann. Sobald die Türe wieder so weit zu ist wie vorher, ist der Ort völlig dunkel. Sofort spürt Kim zwei Hände, zwei große Hände, die sich tastend bewegen und kreuz und quer über die glatte und dünne Seide ihres Kleides streichen. Sie beißt sich heftig auf die Unterlippe, um nicht zu schreien, während das Streicheln präziser wird, dringlicher. Draußen ist der Mann wieder zum Treppenabsatz zurückgekommen: auch er hat die schlecht geschlossene Tür bemerkt. (Wegen der Bewegung, die Kim gemacht hat?) Sie hört ihn mit den Nägeln kratzen, als versuchte er, einen Mechanismus zu entdecken, dessen Betätigung ihm Einlaß verschaffen würde. Lautlos lehnt sie sich stärker an die Türfüllung, um sie an den Rahmen zu drücken und so den Mann glauben zu machen, daß das Schloß verriegelt sei. Aber der Druck von der anderen Seite wird ebenfalls stärker. Die junge Frau duckt sich und spannt alle Muskeln ihres Körpers, während die beiden großen Hände fortfahren, ihre Achselhöhlen, ihre Brüste, ihre Taille, ihre Hüften, ihren Bauch, ihre Schenkel zu erkunden. Sie klammert sich an und stemmt sich mit ihrem ganzen Gewicht dagegen, bis der abgeschrägte Riegel schließlich von selbst funktioniert, in die Halterung rutscht, wo er mit einem scharfen Laut einschnappt, einem Laut, der wie ein Schuß im ganzen Haus widerhallt.
Zugleich flammt das Licht auf. - Alain
Robbe-Grillet, Die blaue Villa in Hongkong. München 1969 (dtv 548, zuerst
1965)
Streicheln (3) Fast glatzköpfig, geschlagen
mit dem bösartigsten Krummrücken der Orthopädiegeschichte und einem Blick,
der melancholischen Flußpferden in den Wechseljahren nicht unähnlich ist, wurde
dieser Streichelterrorist nach seinem Abtritt als Karl May der sexuell belästigten
Sekretärinnen für mich immer mehr zu einer Plage.
Ich habe nichts gegen maßvolle Fellpflege, aber das beständige Gefühl, nur ein
Ausgleich für die verpfuschte Existenz eines alten Professors
zu sein, machte mich traurig und zornig zugleich. - Akif Pirinçci,
Francis. München 1996 (zuerst 1993)
Streicheln (3)
- Egon Schiele, nach
Wikipedia
Streicheln (4)
Komm an mein liebreiches herz · schöne katze · Wenn meine finger mit musse schmeicheln Dann seh ich im geist eine frau: ihr blick Es schwimmt vom fuss zum genick |
- Baudelaire, übs. Stefan George
Streicheln (5) Wenn man einen Hund magnetisirt, das heißt, mit dem Daumen und Zeigefinger unter den Haaren auf der bloßen Haut zwischen den Ohren, bey den Augen her, nach der Nase zu gelinde streicht und dies Streichen einige Zeit fortsetzt, so bekommt der Hund besondere Zufälle. Er macht die Augen zu, bewegt eine Zeitlang den Kopf hin und her und erscheint schwindlich. Bald aber erhohlt er sich wieder und läuft munter umher. Schoßhündchen allerley Art, Spitze von mittlerer Größe und Italienische Windspiele sind zu diesen Versuchen am besten. Haus= und Schlächterhunde werden wegen ihrer gröbern Constitution nicht so leicht afficirt, auch leiden sie solche Versuche nicht leicht. Pudel taugen nicht dazu, weil man ihrer zottigen Haare wegen, nicht leicht bis auf ihre Haut durchdringen kann. Bey Eichhörnchen und Mäusen lassen sich dieselben Versuche anstellen, auch bringen sie ähnliche Erscheinungen hervor.
Das Streicheln scheint bey allen diesen Thieren bloß eine angenehme sinnliche Empfindung zu werden. Bey Hunden kann man übrigens den Schlaf leicht erwecken, da sie ohnedem große Neigung zum Schlafe haben.
Man hat Beyspiele, daß bey Canarienvögeln weiblichen Geschlechts, wenn man sie am Bauch streichelte, sogar Corpora lutea entstanden. S. Blumenbach specimen physiologiae comparatae inter animalia vivipara et ovipara.
So scheint durch Reitzung der Nerven des Kopfs bey Thieren Neigung zum Schlaf, durch Reitzung der Nerven des Bauchs eine Erscheinung zu entstehen, die den Erscheinungen nach dem Beyschlaf analog ist.
Wenn die Reitzung irgend eines nervenreichen Theils lange fortgesetzt wird,
so scheint durch die Nervenverbindungen dieser Reitz durch den ganzen Körper
fortgepflanzt zu werden, so erigiren sich die Zeugungstheile bey lange anhaltenden
Stellungen des Körpers, die durchaus unschuldig sind. -
J.
G. Krünitz, Oekonomische Encyklopädie
Streicheln (6)
Streicheln (7)
Hinten im Zimmer war eine junge Französin, höchstens achtzehn Jahre
alt; neben ihr eine ältere Frau. Die Kleine lag mit gerade ausgestreckten Beinen
auf einem Diwan; um sie herum standen junge Männer, von denen jeder einen Teil
ihres Körpers in Besitz genommen hatte und, als gähe es keine Rivalen, aufmerksam
streichelte. Zwei oder drei widmeten sich zu beiden Seiten ihren Schultern,
ihren Ellbogen, ihren Handgelenken, ihren Händen, womöglich jedem einzelnen
Finger, ich weiß es nicht mehr - das gleiche geschah mit ihren Beinen. Sie trug
ein schwarzes Spitzenkleid und war vollkommen entspannt. Ich hatte so etwas
noch nie gesehen. Man küßte ihre Füße, ihre Schienbeine, ihre Knie und sogar
ihre Oberschenkel, hatte jedoch anscheinend vereinbart, sie nicht an Ort und
Stelle zu entkleiden. - (wcwa)
Streicheln (8)
Die Katze streichelt uns nicht; sie streichelt
sich an uns. - Rivarol, nach (
riv
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