Strafbedürfnis   Jener muß ihm erliegen. Umhalsen. Zu Boden reißen. Der Jüngere liegt. Der Ältere kniet über ihm. Schaut in das rätselvolle Angesicht. Da kommt eine Stimme: »Ermorde mich! O, tu's doch. Ich werde nicht schreien. Ich verdiene es. Tiere quälen. Verstehst du mich? Diese Hände. Katzen. Im Bach die Stichlingsweibchen, wenn sie schwanger sind. Man fängt sie. Ihr Bauch ist geschwollen. Ganz wie Sünde. Es ist keine Sünde. Es ist Gesetz; aber es sieht aus wie Sünde; die Fruchtbarkeit. Das lebt. Das bewegt sich. Mit den Händen preßt man es auseinander. Es zerreißt, platzt, windet sich. Über die kalten Hände die kalte Lust. Ich habe es getan. Ermorde mich!«  - Hans Henny Jahnn, Perrudja. Frankfurt am Main 1966 (zuerst 1929)

Strafbedürfnis (2)

Ich flehe dich um Wunden und um Male
Von deinen Händen, die mich heilig sprechen.
Du sollst das Glied, das du gesaugt, zerbrechen,
Das steif geragt in deine Kathedrale.

Schlürf aus den Quell, der einst in weißen Bächen
In deinen Kelch gespritzt beim Bacchanale.
Gieß jetzt die letzte Kraft in deine Schale,
An meinem Blute magst du dich bezechen!

Nimm scharfe Peitschen und geglühte Zwingen,
Schlag fester und zerquäle meine Hoden!
Laß tiefsten Schmerz das höchste Glück mir bringen!

Mein Stöhnen preist dich brünstiger als meine Oden,
Und wenn die letzten Schreie dich umschlingen,
Hörst du den Dank des seligen Rhapsoden.


- Friedrich Schlegel, nach: Dein Leib ist mein Gedicht. Deutsche erotische Lyrik aus fünf Jahrhunderten. Hg. Heinz Ludwig Arnold. Frankfurt / M. Berlin Wien 1973

Strafe


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