tier,
tapferer
Kein Mensch kann, nachdem er einen Kampfstier in den corrals
gesehen hat, sagen, ob dieser Stier in der Arena tapfer sein wird oder nicht;
doch ist die Chance, daß er tapfer sein wird, um so größer, je ruhiger er ist,
je weniger nervös er scheint und je stiller er ist. Dies erklärt sich daraus,
daß er gewöhnlich um so mehr Selbstvertrauen hat, je tapferer er ist, und also
um so weniger bluffen wird. Alle äußeren Zeichen von angeblicher Gefährlichkeit,
die ein Stier zeigt, wie brüllen, mit den Hufen scharren oder mit den Hörnern
drohen, sind Formen von Bluff. Es sind Warnungen, um den Kampf womöglich zu
vermeiden. Der wahrhaft tapfere Stier gibt keine Warnung, ehe er angreift, außer
daß er die Augen fest auf den Feind richtet, außer dem Anschwellen des Muskelkamms
im Nacken, dem Zucken eines Ohrs und dem Heben des Schwanzes, während er angreift.
Ein vollkommen tapferer Stier, der in Höchstform ist, wird während der gesamten
Kampfdauer niemals das Maul öffnen, ja selbst nicht einmal die Zunge heraushängen
lassen, und zum Schluß, mit dem Degen in sich, wird er, so lange ihn seine Beine
tragen können, mit festgeschlossenem Maul, um das Blut nicht herauszulassen,
auf den Mann zukommen. - Ernest Hemingway, Tod am Nachmittag. Reinbek bei Hamburg 2003 (zuerst 1932)
|
||
|
|
|