tiefel, spanische
 


A

 

Die Beinschraube oder der spanische Stiefel.
Wiener Tortur — Aus C. C. Theresiana.

Erklärung der Buchstaben.

A.          Das untere 8 1/2 Zoll lange, 3/8 Zoll dicke Eisen.
B.          Das obere ebenso lange und dicke Eisen, welches einen Bogen bildet, der 4 1/4 Weite und 1 1 1/2 Zoll Höhe, von dem unteren Eisen in der Mitte gemessen hat.
C.          Die in beiden Eisen 1/2 Zoll tief eingefeilten Zähne.
D.          Die Schraubenspindeln.
E.          Die Schraubenmuttern.
F.          Der Schraubenschlüssel zum Anziehen der Spindeln.

 - (hel)

Stiefel, spanische (2)  Die Spanischen Stiefeln wurden  in doppelter Art angewandt. An einigen Orten fertigte man von Pergament eine Art Stiefeln oder Schuhe, die man anfeuchtete und dann dem Beine des Inquisiten anlegte. Alsdann ward das Bein ans Feuer gebracht, und das an der Wärme trocknende Pergament schrumpfte allmählig dermassen zusammen, dass der Schmerz nicht zu ertragen war.

Dies war die sanftere Art und minder im Gebrauch. Andern Ortes und in der Regel, nahm man vier Eichenbretter, die mit starken Stricken umwickelt wurden. Zwei dieser Bretter wurden an die innere Seiteder Beine des Verbrechers gelegt, die andern beiden an die äussere. Diese Bretter mit den Beinen dazwischen schnürte man fest zusammen, dergestalt dass die inneren Bretter sich berührten, doch nicht so hermetisch geschlossen dass man nicht von oben die Spitze eines Keils hätte dazwischen klemmen können.Auf diesen Keil ward gehämmert, bis entweder die Beine in eine unerträgliche Presse kamen, oder die Bretter zersprangen und mit ihnen die Knochen des Beins. Der Schmerz soll dem, welchen die zusammentrocknende Haut verursachte, nichts nachgegeben haben.

Bei der Zuerkennung auf Tortur ward auch zugleich auf die Zahl der Keile, welche in die Spanischen Stiefeln zu treiben wären, erkannt. Eine gewöhnliche Folter bestand aus vier, eine ausserordentliche aus acht Keilen.

Die ehrenwerten Ärzte und Wundärzte hatten noch ihre eigenen Bemerkungen und Beobachtungen hinzugefügt: in welcher Art man die Schmerzen des Gefolterten verlängern und doch zugleich noch empfindlicher herstellen könne, ohne Gefahr zu laufen, dass der Gefolterte unterliege, oder auch nur auf dem Folterbett die Besinnung verliere.

Man nahm diesen loyalen Eifer der Wissenschaft um das Königtum mit Dank an.  - (hel)

Stiefel, spanische (3)  Die Henker umringten Damiens, und der Torturmeister des Parlaments legte ihm die spanischen Stiefel an, deren Schnüre er mit mehr Kraft, als man gewöhnlich dazu gebrauchte, anzog.

Der Schmerz mußte entsetzlich sein, denn Damiens stieß ein furchtbares Geschrei aus; sein Gesicht wurde bleich, sein Kopf sank hinten über und er schien ohnmächtig werden zu wollen.

Die Ärzte traten heran, fühlten ihm den Puls und erklärten, daß diese Anwandlung von Schwäche nicht ernster Natur sei. Einer von ihnen, Herr Boyer, riet, mit dem Eintreiben der Keile zu warten, um der Erstarrung der Glieder, welche die Einschnürung hervorgerufen hatte, Zeit zu lassen, vorüberzugehen.

Damiens öffnete die Augen wieder und verlangte zu trinken; man brachte ihm ein Glas Wasser, aber er verlangte Wein, da, wie er mit keuchender und zitternder Stimme sagte, seine Kraft zu schwinden drohe.

Charles Henri Sanson half ihm, das Glas an die Lippen zu bringen; als er getrunken hatte, stieß er einen tiefen Seufzer aus, schloß die Augen wieder und murmelte einige Gebete. Der Greffier, die beiden Huissiers, die Henker und ihre Knechte umgaben ihn; zwei der Richter hatten ihre Sessel verlassen und gingen im Zimmer umher. Der Präsident Molé war sehr blaß, und man sah die Feder zittern, die er in der Hand hielt.

Nach Verlauf einer halben Stunde wurde die Tortur fortgesetzt.

Der Torturmeister Fremy schlug den ersten Keil ein.

Das Geschrei Damiens' begann von neuem; es war so laut und anhaltend, daß der erste Präsident nicht dazu kommen konnte, die gebräuchlichen Fragen an ihn zu richten. Endlich klagte er unter Geheul, Flehen und Gebeten, die wild durcheinander aus seinem Munde kamen, einen gewissen Gautier, den Kommissionär eines Parlamentsrates, und Herrn Lemaitre de Ferrière an, ihn zu dem begangenen Verbrechen verleitet zu haben.

Es wurde sogleich der Befehl erteilt, sowohl Gautier als Herrn Lemaitre de Ferrière zu arretieren und vor die Richter zu führen.

Beim zweiten und dritten Keile waren seine Leiden und sein Geheul dieselben; er sprach noch fortwährend von Gautier. Beim vierten Keil bat er um Gnade und wiederholte:

»Meine Herren Meine Herren! Meine Herren!«

Gautier und Herr Lemaitre waren erschienen; sie wurden mit Damiens konfrontiert, der nicht allein nicht anzugeben wußte, wo er den, den er beschuldigte, gesehen habe, sondern auch fast zugleich die ihm von der Tortur entrissenen Geständnisse zurückzog.

Die Tortur wurde wieder aufgenommen, und man gab ihm den ersten Keil der außerordentlichen Frage.

Hier folgt wörtlich das Protokoll:

Er wird befragt. – Er sagt, er habe geglaubt, ein für den Himmel verdienstliches Werk zu tun.

Beim sechsten Keil: Lautes Jammern. – Er sagt, er sei sehr unglücklich gewesen, sich nicht selbst getötet zu haben, wie es in seiner Absicht lag.– Er bedauert, daß die ehrlichen Leute nach seinem Diebstahl nichts mehr mit ihm hätten zu tun haben wollen. – Er beklagt das Los seiner Frau und Tochter und sagt, daß Gott ihn für seinen Stolz strafe. – Er klagt eine Zauberin an, ihn bezaubert zu haben.

Beim siebenten Keil: Er sagt, daß er Abscheu vor seinem Verbrechen empfinde, und bittet Gott und den König deshalb um Verzeihung. Er bittet die Richter, bei dem Könige zu befürworten, daß er sogleich sterben dürfe. Er spricht noch von Zauberern und sagt, Satan habe die Gestalt einer alten Frau angenommen, um ihn zu verderben.

Nach dem achten Keile, der der letzte der außergewöhnlichen Frage war, erklärten die Ärzte, daß er nicht mehr aushalten könne. Die Tortur hatte zwei und eine viertel Stunde gedauert.

Die Richter erhoben sich mit einer Eile, die anzeigte, daß auch ihre Kräfte zu Ende seien. Sie gaben Gabriel Sanson ein Zeichen, und der Torturmeister nahm die spanischen Stiefel ab. Damiens versuchte seine zerbrochenen und zuckenden Beine aufzuheben. Als er es nicht vermochte, beugte er sich vornüber und betrachtete sie eine Weile mit einer Art schmerzlicher Rührung. - Henry Sanson, Tagebücher der Henker von Paris. 1685 - 1847

Stiefel
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Beinschraube