Sternenhimmel   Jetzt wurde mir wieder ganz übel!.... Neuer Brechreiz!... Ich kotzte in den Rinnstein ... Passanten bemerkten es ... Ich mußte machen, daß ich wegkam ... Ich wollte ein Stück weitergehen...

Am Ende der rue Saint-Denis blieb ich wieder eine Weile stehen... Ich wollte nicht weitergehen, ich fand eine Vertiefung, in der man mich nicht sah... Beim Sitzen wurde mir ein bißchen besser... Fühlte ich es wiederkommen, dann schaute ich in die Luft... Es erleichterte mich ein wenig, wenn ich den Kopf hob... Der Himmel war sehr klar... Ich glaube, ich habe ihn noch nie so rein gesehen ... es war geradezu erstaunlich... Ich erkannte alle Sterne... Das heißt, beinahe alle... und ich kannte ihre Namen!... Das Großmaul hatte mich mit seinen Planetenbahnen genug gemopst... Es war ulkig, daß ich sie, übrigens ohne etwas dazuzutun, im Gedächtnis behalten hatte... Die Kaniope und die Andromeda... waren da, in der nie Saint-Denis.., gerade über dem Dach des gegenüberliegenden Hauses... Ein wenig weiter rechts der Fuhrmann, gegen die Waage zu... Um sich beim Ophiuchos nicht zu verhauen, muß man schon ein bißchen auf Draht sein... Man konnte ihn beinahe für den Merkur halten, wenn nicht die Sternschnuppe da wäre!... Bei der Wiege täuscht man sich fast immer ... Pelleas hingegen war an diesem Abend ganz deutlich zu sehen !... nördlich vom Bacchus!... Sogar ein Kurzsichtiger mußte ihn erkennen... Auch der große Sternnebel im Orion war ganz klar... zwischen dem Dreieck und der Ariadne. Eine einzigartige Gelegenheit! In Bleme hatten wir ihn während des ganzen Jahres nur ein einziges Mal gesehen... dabei suchten wir ihn jeden Abend... Der Knabe wäre entzückt gewesen, ihn so deutlich vor sich zu haben... Er hatte einen Führer über das ‹Auffinden der Asteroiden› herausgegeben mit einem ganzen Kapitel über den ‹SternnebeI der Antiope›... Es war direkt eine Überraschung, ihn in Paris beobachten zu können... wo der Himmel für seine schmutzige Undurchsichtigkeit berühmt ist... Ich hörte ihn, den Courtial, wie er darüber jubelte!... Auf der Bank neben mir hörte ich ihn faseln ...

‹Siehst du, mein Junge, jenen dort, der zittert?... das ist nicht mal ein Planet... Es ist ein Trugstern!... Nicht mal ein Asteroid!... Ein Vagabund!... Verstehst du?... Ein Vagabund!... Siehst du, in zwei Millionen Jahren wird er vielleicht ein verschwenderisches Licht ausstrahlen !... Dann wird man ihn vielleicht aufnehmen können!... Jetzt würdest du dein Foto nur verpatzen!... Ja, ja, mein Bürschlein, die Sterne können einen täuschen! Paß gut auf, bevor du dich mit ihnen einläßt!...> Ich hörte den ganzen Quatsch wieder!... <Wenn du ein Ding nur ein einziges Mal angesehen hast... mußt du dich seiner für immer erinnern!... Streng deine Intelligenz nicht an!... Die Vernunft versperrt uns jeden Weg... Vertrau dem Instinkt... Der wird dich nicht täuschen!...›   - (tod)

Sternenhimmel (2) Wenn man lange, ohne die Augen abzuwenden, in den tiefen Himmel hineinschaut, verschmelzen aus irgendeinem Grunde Gedanken und Seele zu einem großen Erkennen der Einsamkeit. Dann beginnt man, sich unabänderlich einsam zu fühlen, und all das, was man bisher als nah und verwandt empfunden, wird plötzlich unendlich fern und ist nichts mehr wert. Wenn man Auge in Auge allein mit ihnen bleibt und ihren Sinn zu erfassen sucht, bedrücken die Sterne, die schon seit Jahrtausenden vom Himmel blicken, und ebenso der unbegreifliche Himmel samt seiner Finsternis, denen das kurze Menschenleben ja so gleichgültig ist, die Seele mit ihrem Schweigen; dann kommt einem jeden die Einsamkeit zum Bewußtsein, die jeden von uns im Grabe erwartet, und dann scheint einem die Quintessenz des Lebens etwas Verzweifeltes und Schreckliches zu esein ...  - Anton Tschechow, Die Steppe. Nach (tsch)

Sternenhimmel (3)

- Apollonia Saintclair

 

Himmel Sterne

 

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