terblichkeit
Oftmals erscheint die Sterblichkeit der Menschen als sekundär eingetretene
Bestimmung. Doch wenn das Sterbenmüssen nicht auf biologisch determiniertes
Schicksal hindeutet, so stellt sich die Frage, warum die Menschen nicht unsterblich
bleiben konnten. Antwort liefern die Mythen vom Ursprung des Todes mit einer
Reihe verschiedener Begründungen. Seltener wird der Tod
als Strafe oder Rache eines erzürnten Gottes dargestellt. Nicht selten ist die
Sterblichkeit weder von der Gottheit beabsichtigt noch durch eine Art Sündenfall
der Menschen verursacht, sondern durch deren Unvorsichtigkeit und Nachlässigkeit.
Sie schlafen ein, sie antworten nicht, sie gehorchen einem harmlosen Befehl
nicht. Es scheint, als ob, und dies bei einer großen Anzahl von Stämmen, die
Menschen nicht begriffen hätten, worum es entscheidend geht. -
Hans-Jürg Braun, Das Jenseits. Die Vorstellungen der Menschheit über
das Leben nach dem Tod. Frankfurt am Main 2000 (it 2516, zuerst 1996)
Sterblichkeit (2)
Aber wohlan, auf daß du erkennst, daß in lebenden Wesen Erstlich zeigt' ich ja schon, daß das feine Gebilde der Seele
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- (
luk
)
Sterblichkeit (3) Es gibt einfach nicht den Raum für eine uferlose Vermehrung. Und selbstverständlich kommen auch Bakterien um. Das ist dann aber, wie bei allen anderen Einzellern auch, immer gewissermaßen ein »Unfalltod«. Einzeller altern nicht und sterben nicht aus inneren Ursachen. Sie sind, wie der Biologe sagt, »potentiell« unsterblich. Wenn sie sich durch Teilung vermehren, bildet jede der beiden entstandenen Hälften eine neue, »junge« Tochterzelle. Es entsteht keine »Leiche«.
Das ist bei Volvox erstmals anders. Der erste echte Mehrzeller der Geschichte liefert auch die erste Leiche. Wenn Volvox sich vermehrt, dann beginnen die in der Gegend seines hinteren Pols gelegenen »generativen« Zellen, die allein dazu noch befähigt sind, sich zu teilen. Sie lösen sich dabei von der Oberfläche und fallen in den Hohlraum der Kugel, wo sie zu neuen Volvoxkugeln heranwachsen. In die Freiheit gelangen sie schließlich dadurch, daß die Mutterkugel platzt und zugrunde geht. Unsterblich sind hier also nur noch die der Vermehrung dienenden Zellen. Die übrigen bilden den nur noch für begrenzte Zeit lebensfähigen »Körper«. Dabei ist es geblieben im Reich der Mehrzeller, bis auf den heutigen Tag, und so auch bei uns selbst. Auch von den unzählig vielen Zellen, aus denen unser Körper besteht, sind nur die der Vermehrung dienenden Keimzellen (wenigstens potentiell) noch unsterblich. Faktisch verwirklicht sich diese Möglichkeit auch für sie aber nur noch bei den verschwindend wenigen von ihnen, denen es gelingt, sich mit einer Keimzelle des anderen Geschlechts zu vereinigen und daraufhin einen neuen »Körper« um sich herum aufzubauen.
Aus dem Blickwinkel der Entwicklungsstufe, bei deren Beschreibung wir jetzt angelangt sind, könnte man folglich den Eindruck gewinnen, daß es sich bei dem Körper eines aus vielen Zellen zusammengesetzten Organismus, und so auch bei unserem eigenen Körper, im Grunde nur um so etwas wie eine Art »Verpackung« handelt. Eine vorübergehende Umhüllung für die eigentliche Nutzlast: die potentiell unsterbliche Keimzelle, die es zu bewahren und über die Generationen hinweg weiterzugeben gilt. Als sei unser Körper nichts als ein Vehikel, dazu bestimmt, dieser Keimzelle Schutz zu gewähren, ihr Gelegenheit und Zeit zu geben, sich zu teilen.
Man kann diesen Gedanken noch weiter ausspinnen. Man könnte darüber spekulieren,
ob unser Körper letztlich vielleicht nur die Aufgabe hat, durch das Maß des
Erfolgs, mit dem er sich m seiner Umwelt biologisch behauptet und durchsetzt,
der Keimzelle, oder, noch präziser, der in ihr enthaltenen DNS,
als eine Art Anzeige- oder Testapparatur zu dienen, mit der diese die Zweckmäßigkeit
der jeweils erfolgten Mutationen überprüft. - Hoimar von Ditfurth, Im Anfang war der Wasserstoff.
München 1985 (zuerst 1972)
Sterblichkeit (4) »Was wollte der Inspektor? Hoffentlich belästigt er das Personal nicht wieder. Weißt du, Henry, sie mögen so was nicht. Sie finden es nicht amüsant oder spannend wie wir.«
»Tun wir das denn?« Der Ton seiner Stimme ließ sie aufhorchen. Sie lächelte zärtlich zu ihm auf. »Wie müde du aussiehst, Henry. Mußt du dir denn soviel Sorgen darüber machen?«
»Es geht schließlich um Mord, Lucy.«
Lady Angkatell überlegte einen Augenblick und
schnitt zerstreut ein paar Äste ab. Dann verdüsterte sich ihr Gesicht. »Ach
Gott - das ist das schlimmste mit diesen Baumscheren, sie faszinieren einen
so - man kann nicht aufhören zu schneiden und macht
immer viel mehr weg als nötig... Was sagtest du eben - daß man sich wegen eines
Mordes Sorgen machen müsse? Wirklich, Henry, ich habe nie begriffen, warum.
Ich meine, alle Menschen müssen sterben, vielleicht an Krebs oder Tuberkulose
in einem dieser scheußlich hellen Sanatorien, oder man kriegt einen Schlaganfall
- schrecklich, wenn man dann nur noch ein halbes Gesicht hat -, oder man wird
erschossen, erstochen oder vielleicht auch erwürgt. Aber am Ende läuft es immer
auf dasselbe hinaus. Da hat man es dann, ich meine, dann ist man tot! Und alle
Sorgen sind vorüber. Bloß die Verwandten haben danach Probleme - Streitereien
wegen Geld, ob man Schwarz tragen soll oder nicht - und wer Tante Selinas Schreibschrank
bekommen soll - all so was.« - Agatha Christie, Das Eulenhaus. Bern,
München, Wien 1990 (zuerst 1946)
Sterblichkeit (5)
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