Sterben, anständiges   «Wenn ich Sie jetzt laufenlasse, würden Sie dann nicht aus Miami verschwinden und nach Jacksonville zurückkehren?»

«Nein, das würde nichts bringen. Mein Kontaktmann hier unten würde einen anderen Mann finden, und er würde für Miss Jannaires Geld eine Leistung bringen müssen. Selbst wenn ich es ihm zurückgäbe, damit er den Job von einem anderen erledigen läßt, würde Ihnen das überhaupt nichts nutzen - und mir auch nicht.»

«Angenommen, ich zahle Ihnen auch ein Honorar — sagen wir mal, dreitausend —, urn Jannaire umzulegen. Könnten Sie das machen ?»

«Nein. Das würde gegen meine Berufsehre verstoßen.»

Ich drückte die Zigarette in einem der großen, mit Sand gefüllten Standaschenbecher aus.

Wright erstarrte deutlich sichtbar, aber das war die einzige Bewegung, die er machte. Ich erschoß ihn. Er fiel nach vorn aus dem Stuhl und krümmte sich ein wenig, als er lautlos auf dem weißen Florteppich starb.

Für das, was ich jetzt tun mußte, brauchte ich länger als nötig, weil ich mir urplötzlich meiner ungeheuerlichen Tat bewußt wurde. Lange Augenblicke stand ich wie gelähmt und gedankenverloren da, oder besser gesagt, ich dachte eigentlich an gar nichts, sondern befand mich in einem benommenen Zustand.

Mr. Wright, als Fatalist an schnellen und plötzlichen Tod gewöhnt, war mit Würde und Anstand gestorben. Eine Art Ritus, den er schon lange gedanklich vorweggenommen hatte. Oder, um das alte Klischee zu paraphrasieren: «Mit Anstand zu sterben ist die beste Rache.»

Wenn früher oder später meine eigene Stunde kommen würde, hatte ich das Vorbild von Wrights Tod als Maßstab eines wirklichen Mannes.   - Charles Willeford, Miami Love. Reinbek bei Hamburg 1993 (rororothriller 3107, zuerst 1988)

 

Sterben Anstand

 

  Oberbegriffe
zurück 

.. im Thesaurus ...

weiter im Text 
Unterbegriffe

 

Verwandte Begriffe
Synonyme