tempelschneider  Hoffentlich kriege ich niemals wieder einen Mann zu sehen wie den Stempelschneider. Er war bis zum Gürtel nackt und trug um die Stirn einen Kranz von weißem Jasmin, so dick wie mein Arm, um den Leib ein lachsfarbenes Lendentuch und um beide Fußgelenke einen Stahlring. Das alles War nicht schreckenerregend. Aber das Gesicht dieses Mannes machte mich eiskalt. Erstens war es blaugrün, zweitens Waren die Augen so verdreht, daß man nur noch das Weiße sah, und drittens war es das Gesicht eines Dämons - eines Ghoul - alles andere als das des schlauen schmierigen alten Kerls, der tagsüber unten an seiner Drehbank saß. Er lag auf dem Bauch, die Arme auf dem Rücken gekreuzt, als ob er gefesselt zu Boden geworfen wäre. Nur Kopf und Hals waren nicht auf dem Boden. Sie waren erhoben, fast senkrecht zum Körper, wie der Kopf einer stoßbereiten Kobra. Es war grauenhaft. Mitten im Zimmer auf dem nackten Lehmboden stand ein großes tiefes Messingbecken, darin schwamm wie ein Nachtlicht eine bleiche bläulichgrüne Flamme. Um dieses Becken schlängelte sich der Mann auf dem Boden dreimal herum. Wie er das machte, weiß ich nicht. Ich konnte sehen, wie die Muskeln an dem Rückgrat entlang sich anspannten und wieder lockerten; aber ich konnte keine andere Bewegung bemerken. Der Kopf schien das einzig Lebendige an ihm zu sein außer jener langsamen Wellenbewegung der arbeitenden Rückenmuskeln. Vom Bett her hörte man Janoo schnell atmen; Azizun hielt sich die Hände vor die Augen, der alte Suddhoo entfernte mit zitternden Fingern den Schmutz, der in seinen Bart geraten war, und weinte vor sich hin. Das Grausigste war, daß das schlangelnde Wesen sich ganz lautlos bewegte - nichts tat, als sich herumschlängeln. Und man bedenke, daß das zehn Minuten dauerte, während welcher Zeit der Terrier winselte, Azizun schauderte, Janoo keuchte und Suddhoo weinte. - Rudyard Kipling, In Suddhoos Haus, nach (ki)
 
Schneider Stempel
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