teinmenschen 9. Karte: 23. 11. 72: —>, große Wolkenschichtungen über den Häusern, Wind, etwas Regen zwischendurch, fast leere Bäume, grünlich-bleich gefleckte Stämme & handtellergroße Blätter, zusammengekehrt, dazu die schwarzen runden Früchte gegen die Luft/ich ging oben an der Mauer entlang, allein, für mich, etwas abseits/: hier siehst Du das Gebäude, auf das ich nach der Brückenüberquerung stieß - & wieder fiel mir der Wahnsinn menschlichen Daseins, Lebens, der Gemeinschaft & des Staates auf: an den Mammut-Figuren (aber Mammuts sind längst ausgestorben/: sterben wir als Gattung auch aus?), wie der 1 Gespensteraugenblick, für mich, denn Schatten wanderten nicht unsichtbar mit mir mit & neben mir, keine stummen Gestalten, & das macht auch das Empfinden der Entfernung bei mir aus, auch das Empfinden der Furcht, wenn ich mich manchmal umsehe, wo ich mich gerade befinde - keine Rückzugsmöglichkeit für mich auf Ideen-Gestalten, kulturelle Gespenster, Fantasie-Wesen mitten in der Umgebung, da ging nur ich, stumm & sehend, in der Stein-Menschen-Umgebung./
Nur das Licht, die Himmelsbewegung war 1 Ausblick & tröstend,
es machte ruhig; ich sagte mir, ist doch alles nur Schutt, bloß daß dieser Schutt
in Menschen noch lebendig ist!/Ich dachte an alle die anderen großen Städte,
durch 10. Karte (23.11. 72) die ich bislang so gewandert bin/alles Schutt, alles
Spuk/aber wohin wollte ich? Ich wußte es nicht einmal genau & weiß es jetzt
heute nicht: wer bin ich? Wer ist man, wenn man so geht & schaut?/Ich dachte,
daß Rom die letzte größere westliche Hauptstadt sein könnte, die ich mir anschaute
- sie gleichen sich, bis auf unwichtige Abweichungen, alle./Aber Leben? Lebendigkeit?
Entspannte, angespannte, wache Menschen? Sah ich kaum irgendwo./Ich stieß durch
1 zusammengeharkten Haufen welker Blätter, ein altes Kinder-Vergnügen, Laub
rascheln zu machen!/ (:ist 1 bißchen gespensterhafter, träumerischer Laut
- das Rascheln von welken Blättern, die man aufstöbert, & man fühlt sich
selber dabei wie 1 bißchen von windigen, gespensterhaften Wesen, das nicht sichtbar
ist!)/ - (rom)
Steinmensch (2)
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