teinfresser  Siegwart führte ihn ins zweite Stockwerk und erschreckte den Handelsmann ordentlich mit dem Frühlingsglanze des Steins. Da der Jude verhoffte, er habe ihn gestohlen, so wünschte er am Diebstahle teilzunehmen und bot zwei Taler — dann sogleich das Doppelte, weil Siegwart lachte - dann das Dreifache und schwur, er tue es bloß, weil er den Stein als Arznei gegen einen eingeseßnen Magenkrampf einzunehmen vorhabe. »Noch einen, den letzten Taler!« rief er und verschluckte vor dem angaffenden Vogler den Stein.

Siegwart faßte vor der Hand erst des Juden Rechte und Linke und sah ihn mit erloschenem grauen Blick ins spitz-eckige Gesicht. Dann drückte er ihm die Gurgel zu und sagte, während der Patient schwarz anlief wie eine Trauerschnalle, er werde ihn entweder erdrosseln oder das Genick brechen, sobald er rufe und nicht stillhalte, bis er den Stein wieder aus ihm herausgeholt. Der stumme Jude bot alles, was er von Professor Engels Mimik besaß, auf, um Ja zu sagen. Darauf nahm Siegwart aus dem Gesangbuch seiner Frau eine schöne Pfauenfeder - wie auch auf großen Tafeln Pfauenfedern mit Silber-Griffe zu gleichem Gebrauche bereit liegen —, spannete ihm den Mund stark über die natürlichen Schranken auseinander und scheuerte und krauete mit der weichen Feder linde die Zungenwärzchen, den Kehldeckel und Schlundkopf des Schnurrjuden, um dessen Magen zu umgekehrten Bewegungen und zur Edition eines so wichtigen Dokuments anzuspornen. Der Jude bewegte sich zwar heftig, doch kam nichts, sein Magen hatte so gut wie ein Ring den Stein gefaßt, und der Smaragd wurde ein Ladenhüter, der nicht abgehen wollte. Endlich sagte der Jude, wie wär' es auch anders möglich, da er seit gestern keinen Bissen über die Zunge gebracht und nichts im Magen habe als das Steinchen. Hierauf reichte der Vogler ihm den nächsten Stettinerapfel, der auf dem Kleiderschrank stand, und einen Schluck reines Wasser, worin sich die schönsten Blumen schon wochenlange erhalten hatten. Sobald der Steinfresser die Henkers-Mahlzeit hinunterhatte, setzte der Vogler seine Feder wieder an, um jene wieder emporzuheben und damit den wichtigsten Impost des Hafens. Endlich gelang es der Feder, wie einer diplomatischen, dem Raubnest des Magens einen Zessionstraktat abzupressen. Mit weißen Farben und kühlen Schweißen und Magenkrämpfen zog der Jude von dannen.  - (fibel)

 

Stein Fresser

 

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