teifheit
Alexander Dowey gründete Zion City, Wisconsin. Mr. Dowey hatte einen langen
Schnurrbart, durch den er sich direkt mit Gott unterhielt.
Zu den Dingen, die Gott ihm anvertraut hatte, gehörte auch die Information,
die Welt sei flach und nicht rund, so wie es in den Schulen der Heiden gelehrt
würde.
Als Mr. Dowey seinen ehrenvollen Lebensweg beschloß, fingierte ein alter Zeitungsmann namens Kid Ash ein Testament für den großen religiösen Führer. Er steckte es in den Sarg unter Mr. Doweys Kopf. In diesem mit der flinken, alkoholisierten Hand des Reporters hingekritzelten Dokument nahm der hochgeachtete Gründer von Zion City alles zurück, was er über die flache Beschaffenheit der Welt gepredigt hatte, und ersuchte seine Jünger, von nun an zu glauben, die Welt habe die Form einer Orange.
Zu gegebenem Zeitpunkt zeigte Kid Ash auf das gefaltete Papier unter dem
Kopf des Hirten und wies zwei der versammelten Männer in schwarzem Anzug darauf
hin, daß es möglicherweise etwas Interessantes enthalte. Die beiden tränenreichen
Zionisten traten an den Sarg und versuchten den Zettel zu entfernen. Aber im
Tod wie im Leben war Mr. Dowey ein entschlossener Mann. Es gelang ihnen nicht,
den steifen Kopf hochzuheben. Alle ihre Anstrengungen, den Zettel unter diesem
starren, frommen Schädel hervorzuholen, schlugen fehl. Als sich schließlich
ungehaltenes Geflüster unter der Trauergemeinde erhob, gar das Wort »Sakrileg«
zu vernehmen war, ließen die Männer von ihrem Vorhaben ab. Sein Testament unter
den Kopf geklemmt, wurde Mr. Dowey begraben, und deshalb ist die Welt für Zion
City bis zum heutigen Tage flach. -
Ben Hecht, 1001 Nachmittage in New York. Frankfurt am Main 1992 (it 1323, mit Zeichnungen
von George Grosz, zuerst 1941)
Steifheit (2)
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