teglitz Ich halte Raoul Hausmann für den begabtesten dieser intellektuellen Provokateure, ein ausgezeichneter Maler und ein sehr beweglicher abstrakter Philosoph, der sich mit Astronomie und Mathematik ebenso ernsthaft beschäftigte wie mit dem Versuch, eine neue Herrenmode zu kreieren. Zwischendurch hatte er in dem Architekten Baader einen Ober-Dada erfunden. Ob Baader tatsächlich Architekt gewesen ist und Grundstücke verkauft hatte, die ihm nicht gehörten, so daß er um den daraus sich ergebenden Schwierigkeiten zu entgehen, ins Militär verschwinden mußte, weiß ich nicht. Als durch Zeugen belegt mag gelten, daß er in Brüssel vor der Front einer Landsturm-Kompanie nach dem Kaiser Wilhelm gerufen hat, dem er den Befehl von Gott auszurichten habe, sofort Frieden zu schließen. Er wurde noch am gleichen Tage nach Deutschland abtransportiert und wahrscheinlich in ein Irrenhaus gesteckt. Er hatte eine Frau und vier Kinder, die allerdings niemand von uns je gesehen hat.
Ludwog Meidner: Johannes Baader. In: Walter Mehring, Berlin Dada. Zürich 1959
Hausmann, der in der Nähe von Steglitz sein Atelier hatte, trieb ihn dort
in dem unbebauten Hügelgelände eines Tages auf, Baader als Prophet,
umgeben von einer Reihe älterer Männer und Frauen, denen er von der Armee des
Einen predigte, der alle anderen Armeen, wenn die Zeit gekommen sein wird, zerschmettern
wird, er, Baader, selbst dann als der Feldwebel vom Dienst. Hausmann hat ihn
mit ins Atelier genommen und dort ihn zum Ober-Dada modelliert. Welche Mittel
und Exerzitien Hausmann angewandt haben mag, weiß ich nicht. Hausmann schob
diesen Baader, einen sonst harmlosen und freundlichen Mann, etwas schwachsinnig
und zum Verwechseln ähnlich dem Zigarrenhändler an der nächsten Straßenecke,
als Dummy vor sich her, als Punching-Ball. Baader bewegte sich und sprach nur,
was Hausmann ihm eingetrichtert hatte. - Franz Jung, Der Weg nach unten. In: Franz Jung, Schriften, Bd. 1,
Salzhausen / Frankfurt am Main 1981
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