Steak  Ich hatte Angst davor, alleine zu Hause zu essen. Ich konnte ja nicht einmal allein für mich einkaufen. Denn auch das ist, bevor man es kann, von einer so unsinnlichen Kargheit, daß man schier verzweifeln könnte. Eine Freundin hat mir einmal erzählt, daß sie bei einem Metzger in Tränen ausgebrochen sei, als sie ein einziges Steak verlangte. Die Kinder waren aus dem Haus. Der Mann auch. Sie lebte an sich ganz gern allein. Aber diese Trostlosigkeit des einen Steaks überwältigte sie. Es lag so einsam und schutzlos auf der Waage des Schlachters. Ein Einzelgänger in der Welt der Fleischwaren. Und das sollte für sie sein? Welch lächerliches Päckchen reichte er ihr über den Tresen. Sie war doch keine alte Jungfer, kein eingetrocknetes Wesen, das traurig am Wegesrand dahinwelkte, während es rundherum um sie blühte. Mit welchem Mitleid hatte sie doch früher Frauen beim Einkaufen beobachtet, ältere Frauen vor allem, die mit sorgfältigen Bewegungen ein viertel Pfund Butter in ihren Korb legten, zwei Semmeln, drei Scheiben geschnittenen Käse, eine Scheibe gekochten Schinken, vier Karotten, vier Kartoffeln und einen Viertelliter Milch. Und mit welcher Verachtung sah sie nun auf das Päckchen, das der Metzger ihr reichte. Sie nahm es mit zögernder Hand, zahlte mit Münzen, Kleingeld für Kleinzeug; und verließ den Laden wie in Trance. Denn das konnte nicht sie sein, die berstende Frau, Geliebte und Mutter, die berühmt dafür war, daß sie üppig, köstlich und reichlich kochte. Immer das Haus voller Kinder hatte und dazu noch erfolgreiche Malerin war. Die in der Küche experimentierte wie auf der Leinwand und Rezepte verabscheute, denn Essen, sagte sie, Essen muß man komponieren wie ein Bild. Sie schuf.

Und nun hatte sie ein einziges Stückchen Fleisch in ihrem Einkaufskorb. Was sie wie eine Niederlage empfand, eine Demütigung, ein Anzeichen nahenden Alters, ja, irgendwie steckte der Tod in dem Steak und wartete dort auf sie. Sie sah sich mummeln. Allein in ihrer Küche. Mit jedem Biß vergreisend. Alt, entzahnt und einsam. Ich nicht! Wütend nahm sie das unschuldige Fleisch und warf es - aller Erziehung und allem Widerstreben zum Trotz - energisch in den nächsten öffentlichen Papierkorb.  - Gabriele von Arnim, nach (lte)

Steak (2)  Suse starrte den Mann im Garten angestrengt an. Zu manchen Zeiten riß sie sich gern einen, bei dem es ein perfektes Vergnügen war, unter den Nagel. Die Freundinnen, die sie nie richtig kannten, manche verschrien sie als frigid, manche als nymphoman, waren wieder einmal ratlos, der Mann dort stand ja geistig, und der Geist sei doch für Susen einfach alles, weit unter manchen Männern, die Suse überdrüssig in die Ablage getan hatte. Suse aber war gerade in Stimmung für kräftige saftige Rindsfasern und sagte ins Vorwurfsfeld: Bei einem Steak denke ich ja auch nicht, ob der Ochse gescheit war.  - (met)
 
 

Fleischgericht

 

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