tadtbewohner  »Lieber Feri, der dritte Hund dort zieht nicht.« »Leider ist meine Peitsche nicht lang genug.« »Mehr noch, mir scheint, er lahmt etwas.« »Natürlich lahmt er, er hat schließlich nur drei Beine!« »O ja, tatsächlich ... Ist es nicht schade, ein verkrüppeltes Tier vor den Wagen zu spannen?«

»Schauen Sie doch genauer hin, Ilonka. Alle meine zwölf Hunde haben nur drei Beine.« »Oh, die Armen!«

»Sie sollten lieber mich bedauern, Ilonka! Ich habe sämtliche Abdecker der Stadt abklappern müssen, bis ich endlich zwölf dreibeinige Hunde zusammen hatte.«

»Mag sein, daß ich nichts davon verstehe, aber normalerweise würde man ja denken, daß ein normaler Hund besser und ausdauernder zieht.«

»Das bestreite ich nicht. Ich aber bin ein waschechter Stadtbewohner. Was soll ich mit zwölf vierbeinigen Hunden?«  

»Mag sein, daß ich nichts davon verstehe, aber normalerweise würde man ja denken, daß ein normaler Hund besser und ausdauernder zieht.«

»Das bestreite ich nicht. Ich aber bin ein waschechter Stadtbewohner. Was soll ich mit zwölf vierbeinigen Hunden?«

»Sie haben doch nicht etwa Angst vor ihnen, Feri?« »Ich habe sogar vor einem Mückenbiß Angst. Mit den Naturgewalten muß man behutsam umgehen. Gesetzt den Fall, diese Hunde sind vierbeinig. Gesetzt den Fall, sie werden von irgend etwas wild. Gesetzt, sie entreißen mir die Kandare ... Besser, man denkt nicht daran, meine Liebe!«

»Ich verstehe immer noch nicht. Wenn Sie Angst vor Hunden haben, warum lassen Sie dann Ihr Auto von ihnen ziehen?«

»Weil ich schlecht fahre.«  - (min)

Stadtbewohner (2)  Sogar während seiner frühen Studentenjahre hatte er eigentlich nie den Eindruck eines Gesunden gemacht. Er war immer blaß, mager und für Erkältungen anfällig, er aß wenig und schlief schlecht. Ein Glas Wein genügte, daß sich ihm der Kopf drehte, und konnte ihn hysterisch machen. Es zog ihn zwar immer zu Menschen, doch infolge seines reizbaren Charakters und seines ständigen Argwohns vertrug er sich mit niemandem gut und hatte keine Freunde. Über die Städter sprach er stets mit Verachtung, denn er sagte, daß ihre grobe Unbildung und ihr verschlafenes Tierleben ihm widerwärtig und ekelerregend vorkämen. Er hatte eine Tenorstimme, er sprach laut und hitzig und entweder unwillig und empört oder begeistert und verwundert, stets jedoch aufrichtig. Worüber immer man mit ihm ins Gespräch kam, er kam stets auf das Gleiche zurück: in der Stadt sei es fad und muffig zu leben, und die Gesellschaft sei ganz ohne höhere Interessen, sie führe ein trübes und sinnloses Leben, das sie nur mit Gewalttaten, groben Ausschweifungen und Heuchelei zu würzen vermöge: die Schufte seien gut gekleidet und satt, während die ehrenhaften Menschen sich von Brosamen nähren müßten; Schulen täten unumgänglich not, eine Stadtzeitung mit chrenwerter Tendenz, ein Theater, Vorträge und überhaupt eine Zusammenfassung aller Kräfte der Intelligenz; es sei unbedingt notwendig, daß die Gesellschaft sich über sich selber klar werde und darüber in Angst gerate.   - Anton Tschechow, Krankenhauszimmer Nr. 6.  Nach (tsch) 
 
 

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