tachel, göttlicher In Cyrils Seele kreuzten sich Rache und Stolz. Nächtlich lief er durch die Hauptstraße, an den Hofleuten vorbei, in seiner Hand eine langhinflam-mende Pechfackel, und wollte den adeligen Giftmischer erkunden. Der Haß gegen jede Geltung stieg ihm in Mund und Hand. Er belauerte die Landstraße, nicht um zu stehlen, sondern um Adelige umzubringen. Auf die Fürsten, die.um diese Zeit verschwanden, fiel das Licht der Fackel Cyril Tourneurs: sie sanken, von ihm getötet.
Er legte sich in den Hinterhalt, auf den Wegen zum Schloß, neben die Steinbrüche und die Kalkgruben. Er suchte sein Opfer aus der Menge, bot sich an, ihm in den Hohlwegen zu leuchten, führte es bis zur Öffnung der Gruben, löschte seine Fackel und stieß es hinab. Der Kies regnete dem Falle nach. Dann beugte sich Cyril über den Rand und ließ zwei ungeheure Felsblöcke hinunterrollen, um die Schreie zu ersticken. Bis zum Morgen bewachte er den Leichnam, der im Kalk verkam, nah dem trübroten Brennofen.
Nachdem Cyril Tourneur seinen Haß gegen die Mächtigen gestillt hatte, ergriff
ihn der Haß gegen die Götter. Der göttliche Stachel, den er in sich hatte, spornte
ihn, schöpferisch zu wirken. Er dachte, er könne ein Geschlecht aus seinem eigenen
Blute stiften und sich als Gott auf Erden fortpflanzen. Er sah seine Tochter
an und fand sie Jungfrau und begehrlich. Um seine Absicht angesichts des Himmels
zu vollenden, fand er keinen inhaltsreicheren Ort als einen Friedhof.
Er schwor, dem Tode zu trotzen und eine neue Menschheit zu erschaffen inmitten
der von göttlichen Gesetzen gutgeheißenen Zerstörung. Von alten Knochen umringt,
wollte er junge Knochen zeugen. Cyril Tourneur besaß seine Tochter auf dem Deckstein
eines Beinhauses. - Marcel Schwob, Der Roman der
zweiundzwanzig Lebensläufe. Nördlingen 1986 (Krater Bibliothek, zuerst 1896)
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