taatsgründung  Auf dem 'Weißen Pferd der Apokalypse' läßt Walter Mehring den Oberdada zur Gründungsfeier der ersten deutschen Republik im Weimarer Hoftheater einreiten und die Versammlung in einer extemporierten Ansprache, gestützt auf die Offenbarung Johannis, zur dadaistischen Manifestation erklären. In seiner ausführlicheren Schilderung weist er auf die exakten Vorbereitungen der "Kreuzfahrt nach Weimar" hin, die ihm den Zugang zu den Sitzungen der Aktions- und Festkomitees und dann auch zur Hauptfestivität selbst geöffnet hätten : mit 'erster Rang, erste Reihe, oberhalb der für die Auslandspresse reservierten Parkettseitenlogen" habe er sich am Festort einen strategisch günstigen Sitzplatz erobert; während des Festakts habe er sich tadellos korrekt verhalten, dem "Schwall der schweißgeschwollenen Redeflüsse beifällig zunickend, habe sogar - "mit kräftigem Bariton, in strammer Haltung" - in die 'Über alles'-Nationalhymne eingestimmt, um dann freilich nach dem Abgesang die Stentorstimme des Wüstenpredigers zu erheben, "natürlich sogleich ausgezischt von den Pressereptilien und niedergebellt von den Hohen Tieren". In weitausholender Geste habe er daraufhin mit wohlgezieltem Wurf einen Sack mit dem schon hektographierten Wortlaut seiner intendierten Ansprache in die Loge der Auslandspresse geworfen. Gepackt und abgeführt von den Schergen des Ordnungsdienstes, sei er einer Leibesvisitation und hochnotpeinlichen Verhören unterzogen worden, "welchselbe aber peinlicherweise" lediglich "eine umfangreiche Korrespondenz mit hochangesehenen Staatsmännern zutage förderte", die Baader schon im Vorfeld seiner Aktion geführt hatte. - Wer hätte es hindern wollen ? Die Sensationsmeldung, in alle Winde gekabelt, lautete : "Dadaisten stören erste deutsche Nationalversammlung"! - Karl Riha, Nachwort zu: Johannes Baader: Das Oberdada. Die Geschichte einer Bewegung von Zürich bis Zürich. Giessen 1987 (Vergessene Autoren der Moderne  XXXI)

Staatsgründung (2)  Jeden Tag erwürgte Diabe eine Stute, riß ihr die Leber aus und gab sie dem Geier zu essen, bis die Herde aufgebraucht war. Der Geier wurde wieder jung, seine Federn wuchsen wieder, er konnte wieder fliegen. Darauf sagte er zu Diabe:

»Ich bin bereit, nach dem Ort zu gehen, von dem die Rede war.«

Sie brachen also auf und setzten Tag und Nacht ihre Reise fort, bis sie in dem gewünschten Dorfe ankamen. Da ließ der Geier sich auf der Spitze eines hohen Baumes nieder. Diabe wie seine Leute machten im Schatten dieses Baumes halt, und der Geier sagte zu Diabe:

»Dies ist der Ort, Kumbi genannt.«

Diabe befahl seinen Leuten, den Baum umzuhauen, und sie schlugen ihn um. Als der Baum umfiel, erschien die Schlange, die unter den Kindern des Digna erwähnt war aus einem großen Brunnen, der unter diesem Baume lag, und aus den Zweigen dieses Baumes fiel eine große Trommel, die ganz allein ertönte. Und siehe, da erschienen von allen Seiten Männer, vornehme und andere, die alle zusammengenommen 9999 ergaben, auf braunroten Pferden. Unter ihnen waren vier Häuptlinge. Als sie alle versammelt waren, stritten sie sich, wer den Oberbefehl übernehmen sollte, jeder von ihnen sagte:

»Ich will den Oberbefehl unter Ausschluß aller anderen haben.«

Und sie stritten sich über diesen Gegenstand, bis der eine von ihnen, der sich durch große Urteilsfähigkeit auszeichnete, schrie:

»So wollen wir losen, wer unser Häuptling sein soll.«

Darauf erwiderten alle:

»Wir nehmen das Los an, was du uns vorschlagen wirst.«

Er sagte darauf:

»Es führe also jeder der Alteren seinen Arm in das Loch der Trommel, und der, dessen Arm an der Trommelwand hängen bleiben wird, sei unser König.«

Jeder von ihnen näherte sich der Trommel, führte seinen Arm in das Loch ein und zog ihn zurück, ohne daß der Arm eines einzigen an der Trommelwand hängengeblieben wäre, mit Ausnahme des Armes von Diabe, der in der Trommel hängenblieb, wie die Beute in der Falle hängenbleibt, von der sie ergriffen wird. Da sagten alle:

»Wir sind es zufrieden, daß du über uns herrschst, o Maghan Diabe!«

Und alle erkannten ihn als Häuptling an. Danach schlössen alle die Leute sich zusammen und bildeten eine unzählige Menge. Da sagte die Riesenschlange:

»Oh, Diabe, erkennst du mich?«

»Nein«, erwiderte Diabe.

»Ich bin«, sagte die Schlange, »eins der Kinder des Digna; als ich größer wurde, bin ich aus eurer Mitte geflohen und bin hierher gekommen; nun seid ihr hierher zu mir gekommen; mit mir zusammen könnt ihr nicht wohnen, weil die Leute eurer Familie Angst vor mir haben würden. Trotzdem, wenn du dich verpflichtest, mir jedes Jahr hundert schone Frauen auszuliefern, unter der Voraussetzung würde ich in meinem Brunnen bleiben, und niemand würde mich sehen.«

Diabe antwortete:

»Darauf kann ich nicht eingehen.«

Und sie fuhren fort, sich darüber zu unterhalten, bis sie schließlich übereinkamen, daß man der Schlange an jedem Fest ein Opfer darbringen sollte, nur eine Frau, aber eine, die hervorragte über ihre Zeitgenossinnen. Wenn man der Schlange gegenüber so handelte, dann würde jedes Jahr zwanzig Tage lang ein Goldregen niedergehen, während welcher Zeit jeder so viel Goldpulver einsammeln könnte, wie seine Behendigkeit zuließe.  - Afrikanische Märchen. Hg. Carl Meinhof, Herrmann Jungraithmayr. München 1991 (Diederichs Märchen der Weltliteratur)

 

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