prung,
metaphysischer Der entschiedene Unglaube, mit welchem von jedem
denkenden Menschen einerseits die Thatsachen des Hellsehns, andererseits des
magischen, vulgo [gemeinhin genannt] magnetischen Einflusses zuerst vernommen
werden, und der nur spät der eigenen Erfahrung, oder Hunderten glaubwürdigster
Zeugnisse weicht, beruht auf einem und dem selben Grunde: nämlich darauf, daß
alle Beide den uns a priori bewußten Gesetzen des Raumes, der Zeit und
der Kausalität, wie sie in ihrem Komplex den Hergang möglicher Erfahrung bestimmen,
zuwiderlaufen, - das Hellsehn mit seinem Erkennen
in distans [in die Ferne], die Magie mit ihrem
Wirken in distans. Daher wird, bei der Erzählung dahin gehöriger Thatsachen,
nicht bloß gesagt »es ist nicht wahr«, sondern »es ist nicht möglich« (a non
posse ad non esse [von der Unmöglichkeit zur Unwirklichkeit]), andererseits
jedoch erwidert »es ist aber« (ab esse ad posse [von der Wirklichkeit zur Möglichkeit].
Dieser Widerstreit beruht nun darauf, ja, liefert sogar wieder einen Beweis
dafür, daß jene von uns a priori erkannten Gesetze keine schlechthin
unbedingte, keine scholastische veritates aeternae [ewigen Wahrheiten],
keine Bestimmungen der Dinge an sich sind; sondern
aus bloßen Anschauungs- und Verstandesformen, folglich aus Gehirnfunktionen
entspringen. Der aus diesen bestehende Intellekt selbst aber ist bloß zum Behuf
des Verfolgens und Erreichens der Zwecke individueller Willenserscheinungen,
nicht aber des Auffassens der absoluten Beschaffenheit der Dinge an sich selbst
entstanden; weshalb er, wie ich in meinem Hauptwerk dargethan habe, eine
bloße Flächenkraft ist, die wesentlich und überall nur die Schaale, nie das
Innere der Dinge trifft. Diese Stellen lese nach wer recht verstehn will was
ich hier meine. Gelingt es uns nun aber ein Mal, weil doch auch wir selbst zum
innern Wesen der Welt gehören, mit Umgehung des principii mdividuationis, den
Dingen von einer ganz andern Seite und auf einem ganz andern Wege, nämlich geradezu
von innen, statt bloß von außen, beizukommen, und so uns derselben, im Hellsehn
erkennend, in der Magie wirkend, zu bemächtigen; dann entsteht, eben für jene
cerebrale Erkenntniß, ein Resultat, welches auf ihrem eigenen Wege zu erreichen
wirklich unmöglich war; daher sie darauf besteht, es in Abrede zu stellen: denn
eine Leistung solcher Art ist nur metaphysisch begreiflich, physisch ist sie
eine Unmöglichkeit. Diesem zufolge ist andererseits das Hellsehn eine Bestätigung
der Kantischen Lehre von der Idealität des Raumes, der Zeit und der Kausalität,
die Magie aber überdies auch der meinigen von der alleinigen Realität des Willens,
als des Kerns aller Dinge: hiedurch nun wieder wird auch noch der Bakonisdhe
Ausspruch, daß die Magie die praktische Metaphysik sei, bestätigt. - Schopenhauer, Versuch
über Geistersehn und was damit zusammenhängt,
nach (schop)
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