Sprengkörper  Der Schriftsteller ignoriert gänzlich den Sinn der Sprache, mit der er es zu tun hat; daher seine Macht, seine Fähigkeit, diesen Sinn als ein Magma auszuleben, als eine Anhäufung von Unmöglichkeiten, Falschheiten, Lügen, Träumen, Spielen und Zeremonien. Und dabei ist er einer, der hart arbeitet an einer feindseligen und widerspenstigen Materie: aus der definitiven und illusorischen, unbeständigen und aggressiven Sprache muß er einen Gegenstand herausarbeiten, dessen kompakte und harte Vollkommenheit eine dynamische Zweideutigkeit abschließt. Ihn leitet nicht etwa der dichterische Einfall oder die Phantasie, sondern der Gehorsam; er versucht zu verstehen, was die Sprache von ihm will, diese barbarische und niederschmetternd orakelhafte Göttin; seine Unterwerfung ist phantastisch und völlig unangemessen. Solange er seinen Wortgegenstand bearbeitet, dauert dieser Zustand wissender Unwissenheit an. Nur was er nicht kennt, vermag er vollkommen zu gestalten. Der Gegenstand, der aus dem Zusammenwirken von Wissen und Unwissen hervorgeht, ist ihm fremd. Er weiß nur, er hat einen Sprengkörper gemacht, nach allen Regeln der Kunst, den einzigen und unabdingbaren Regeln, nach denen ein Sprengkörper hergestellt wird: aber er fragt sich nieht, zu wie vielen und wie immer gearteten Attentaten und von wessen Hand dieser unerschöpfliche Explosivstoff verwendet wird. Er verläßt sich allein auf die heimliche, gehässige Hoffnung, daß er im Laufe der Zeit alle verwunden möge.     - Giorgio Manganelli, Literatur als Lüge. Nach (man)
 
 

Waffe Sprengung

 

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Verwandte Begriffe
Zerstörung
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