prachgebrauch
»Also, wie gesagt, es sieht zwar aus, als sei es richtig-ich
kann es jetzt freilich nicht im einzelnen durchgehen - und daraus geht
hervor, daß du an dreihundertvierundscchzig Tagen im Jahr etwas zum
Ungeburtstag geschenkt bekommen kannst -«
»Schon«, sagte Alice.
»Aber zum Geburtstag nur an einem, nicht wahr. Wenn das keine Glocke ist!«
»Ich verstehe nicht, was Sie mit »Glocke« meinen«, sagte Alice.
Goggelmoggel lächelte verächtlich. »Wie solltest du auch - ich muß es
dir doch zuerst sagen. Ich meinte: >Wenn das kein einmalig
schlagender Beweis ist!<«
»Aber 'Glocke' heißt doch gar nicht ein 'einmalig schlagender Beweis'«, wandte Alice ein.
»Wenn ich ein Wort gebrauche«, sagte Goggelmoggcl in recht hochmütigem
Ton, »dann heißt es genau, was ich für richtig halte - nicht mehr und
nicht weniger.«
»Es fragt sich nur«, sagte Alice, »ob man Wörter einfach etwas anderes heißen lassen kann.'*
»Es fragt sich nur«, sagte Goggelmoggel, »wer der Stärkere ist, weiter nichts.«
Alice war viel zu verwirrt, um darauf noch eine Antwort zu finden, und
so sprach Goggelmoggel nach kurzem Stillschweigen weiter. »Sie sind ja
recht widerspenstig, manchmal - besonders die Verben, die bilden sich am
meisten ein - Adjektive lassen ja ailes mit sich geschehen, aber die
Verben haben ihre Zicken - bei mir allerdings muckst sich keins!
Ununterscheidharkeit! Das ist meine Meinung!«
»Würden Sie bitte so gut sein und mir sagen«, bat Alice, »was das heißt?«
»So läßt sich schon eher mit dir reden«, sagte Goggelmoggel mit
sichtlicher Befriedigung. Mit >Ununterscheidbarkeit< meine ich, daß
wir nunmehr lange genug über dieses Thema gesprochen haben und daß es
nicht verfrüht wäre, wenn du dich langsam über deine weiteren Absichten
äußern wolltest, da kaum anzunehmen ist, daß du hier herumstehen willst
bis an dein seliges Ende.«
»Dieses Wort hat jetzt aber sehr viel auf einmal heißen müssen«, sagte Alice nachdenklich. - Lewis Carroll,
Alice hinter den Spiegeln. Frankfurt am Main 1963 (zuerst 1872)
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