Spottsucht   Die leichtfertige Tadelsucht und der Hang, andere zum Gelächter bloß zu stellen, die Spottsucht, um die Fehler eines anderen zum unmittelbaren Gegenstande seiner Belustigung zu machen, ist Bosheit, und von dem Scherz, der Vertraulichkeit unter Freunden, sie nur zum Schein als Fehler, in der Tat aber als Vorzüge des Muts, bisweilen auch außer der Regel der Mode zu sein, zu belachen (welches dann kein Hohnlachen ist), gänzlich unterschieden. Wirkliche Fehler aber, oder, gleich als ob sie wirklich wären, angedichtete, welche die Person ihrer verdienten Achtung zu berauben abgezweckt sind, dem Gelächter bloß zu stellen, und der Hang dazu, die bittere Spottsucht (spiritus causticus), hat etwas von teuflischer Freude an sich und ist darum eben eine desto härtere Verletzung der Pflicht der Achtung gegen andere Menschen.

Hievon ist doch die scherzhafte, wenn gleich spottende Abweisung der beleidigenden Angriffe eines Gegners mit Verachtung (retorsio iocosa) unterschieden, wodurch der Spötter (oder überhaupt ein schadenfroher aber kraftloser Gegner) gleichmäßig verspottet wird, und rechtmäßige Verteidigung der Achtung, die er von jenem fordern kann. Wenn aber der Gegenstand eigentlich kein Gegenstand für den Witz, sondern ein solcher ist, an welchem die Vernunft notwendig ein moralisches Interesse nimmt, so ist es, der Gegner mag noch so viel Spötterei ausgestoßen, hiebei aber auch selbst zugleich noch so viel Blößen zum Belachen gegeben haben, der Würde des Gegenstandes und der Achtung für die Menschheit angemessener, dem Angriffe entweder gar keine oder eine mit Würde und Ernst geführte Verteidigung entgegen zu setzen.   - Kant, Metaphysik der Sitten

Sucht Spott

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